Jedes Jahr beginnt für uns mit dem Stolpersteinputzen in der Thomasiusstraße. Dort liegen 114 Stolpersteine und mahnen. Jedesmal findet sich am Holokaust-Gedenktag eine Gruppe von Menschen aus der Ev. Kirchengemeinde Tiergarten, der Ibn Rushd-Goethe Moschee-Gemeinde, der Initiative Thomasiusstraße und dem Verein Gleis 69 aus diesem Anlass zusammen. Danach lädt die Moschee-Gemeinde zu Tee und Keksen ein.
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Aus demselben Anlass gab es in diesem Jahr auf Initiative des Hauses der Wannsee-Konferenz Lichtinstallationen an vielen Gedenkorten in Deutschland und einen gemeinsamen Internetauftritt. Wir haben dazu den Gedenkort Güterbahnhof Moabit einmal in einem anderen Licht erscheinen lassen . . . und für kurze Zeit auch verzaubert.
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Auch darüber durften wir uns freuen. Sabeth Schmidthals erhielt für ihre jahrelange engagierte Arbeit mit der Arbeitsgemeinschaft „Erinnern“ an der Theodor Heuss-Gemeinschaftsschule den German Jewish Award der Obermayer-Stiftung aus den USA. Die Kooperation mit der Schule ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.
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Aber auch das gehört zu den Aufgaben, die wir übernommen haben. Regelmäßig besuchen wir den Gedenkort und achten darauf, das Beschädigungen und Verunreinigungen beseitigt werden. – Diese vetrockneten Kränze vom November 2019 wurden schließlich nach zwei Monaten auf unsere Initiative entfernt.
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Im August 2019 hatten wir eine Berliner Gedenktafel für die Schriftstellerin Gabriele Tergit beantragt. Im März 2020 erfuhren wir von der Senatsverwaltung für Kultur, dass diese Gedenktafel am 25. Juli 2022, ihrem 40. Todestag enthüllt werden soll. Der künftige Ort der Tafel steht noch nicht fest, da der Eigentümer des Neubaus in Siegmunds Hof, ihrer letzten Berliner Wohnadresse, an einer Gedenktafel nicht interessiert ist.
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Das Meerbaumhaus im Hansaviertel mit seiner Leiterin Angelika Grigat stellt einen weiteren Schwerpunkt unserer Arbeit dar. Hier konnten wir bereits zwei Ausstellungen zeigen.
In diesem Jahr begannen hier auch etliche Stadtspaziergänge, die zu unterschiedlichen Orten jüdischen Lebens führten. In Pandemiezeiten waren sie teilweise bereits nach der ersten Stunde der Bekanntgabe ausgebucht.
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Das Französische Gymnasium haben wir in diesem Jahr als weiteren Kooperationspartner gewinnen können. Wegen der Pandemie haben wir den ersten Teil unseres Projektes zur Vermögensverwertungsstelle des NS-Regimes als virtuelle Exkursion abgehalten. Die reale Exkursion wartet noch auf das Ende der Pandemie-Beschränkungen.
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Gemeinsam mit Vera Braun, einem Gründungsmitglied unseres Vereins, haben wir uns gefreut, als ihr Film „Stones“ endlich fertig war und sogar einen Preis als bester Dokumentarfilm in dem Wettbewerb Golden Earth Film Award erhielt. Wieviel Mühe hat es gekostet, die Finanzierung sicherzustellen, die Gruppe des Sommerlagers 2019 zusammenzuhalten und zum Schluß die verschiedenen Fassungen des Films fertigzustellen.
Unsere Hochachtung!
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Im Sommer fand eine Gruppe aus Theodor Heuss-Gemeinschaftsschule, dem Verein Tanz Theater Dialoge, dem Bildhauer Thomas Lucker, dem Historiker Akim Jah und Gleis 69 zusammen, um sich gemeinsam für einen Wettbewerb des Bezirksamtes Mitte zu bewerben. Es sollte der Deportationsweg vom Sammellager Synagoge Levetzowstraße zum Güterbahnhof Moabit kenntlich gemacht werden. Bei 91 Bewerbern kamen wir leider nicht zum Zug.
Bereits 2018 haben wir diesen Weg mit QRC vorläufig gekennzeichnet.
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Im Sommer konnten wir ebenfalls eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Dr. Benjamin Kuntz vom RKI beginnen. Er arbeitete damals an einer Veröffentlichung über Lucie Adelsberger, eine Berliner Kinderärztin. Sie ist vom Güterbahnhof Moabit nach Auschwitz deportiert worden.
Die Besprechung des Buches findet sich auf unserer Website.
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Am vertrauten Urlaubsort in der Nähe von Tarnów gingen wir im Juli der Zeitgeschichte in Polen nach. Mit Hilfe dieses rüstigen 92jährigen Herren gelang es uns, das Grab der Familie Fisch und ihres Helfers Jan Janton zu finden. Eine Geschichte, die sehr traurig ist und sich nicht mit wenigen Worten erzählen läßt.
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Gelegentlich gibt es im Bezirk Mitte auch einmal erfrischende Aktivitäten. So veranstaltete im August die Stadtteilkoordination Moabit Ost zusammen mit Baustadtrat Ephraim Gothe einen Kiezspaziergang durch das Hansaviertel. Wir beteiligten uns mit einem Beitrag zur Klinik am Hansaplatz und dem Neurologen Friedrich Lewy.
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Das schon lang terminierte Gespräch mit dem Kulturstaatssekretär Dr. Wöhlert fand ebenfalls im August statt. Zuammen mit Frau Dr. Schulte vom Landesdenkmalamt beratschlagten wir zu der Situation der zunehmend verrottenden Deportationsrampe am Gedenkort. Wir hoffen sehr, dass das Gespräch fassbare Ergebnisse erbringt.
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Im September konnten wir ungestört unser Projekt zu Ernst Boris Chain und der Entwicklung des Penizillins entwickeln. In der Theodor Heuss-Gemeinschaftsschule und auf einer Exkursion von seinem letzten Wohnhaus, seiner Schule bis zur Gedenktafel in der Staatsanwaltschaft erfuhren die SchülerInnen viel Neues.
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Nach einem Jahr der Planung und der Diskussion hat jetzt die Hausgemeinschaft in unmittelbarer Nachbarschaft der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße ein Wandbild erstellt. Es nimmt Bezug auf die frühere Synagoge und das jetzige Denkmal. Wir begleiteten das Unternehmen mit Beratung und Vorschlägen. Eine Dokumentation findet sich auf unserer Website.
Am 1. Oktober erinnerten wir mit einer kleinen Zeremonie an die zwangsweise Umwandlung der Synagoge in ein Sammellager. Die Deportation der Berliner Juden hatte damit begonnen.
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Drei Jahre lag die Einweihung des Gedenkortes schon zurück. Zum jetzigen Zeitpunkt hatten die Künstler von raumlaborberlin einen neuen Schutzanstrich der zwanzig Kiefern geplant. So begrüßten sie das Angebot, diese Aktion gemeinsam mit SchülerInnen der Theodor Heuss-Gemeinschaftsschule in Angriff zu nehmen.
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Herr Prof. Schoeps und Frau Dr. Kotowski von der Moses Mendelssohn-Stiftung planen am Deportationsbahnhof Grunewald einen studentischen Campus. Wir hatten sie im Oktober eingeladen, auch diesen ehemaligen Deportationsbahnhof in Moabit kennenzulernen.
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Am 20. Oktober fand die Eröffnung der Ausstellung „Der kalte Blick“ in der Topographie des Terrors statt. Die Ausstellung schildert anthropologische Untersuchungen an Juden in Tarnów. Diese Untersuchungen fanden im Vorfeld der Aktion Reinhardt im Generalgovernement statt. Dabei wurden im Sommer 1942 dort und in der Gegend von Bialystok alle Juden ermordet.
Frau Dr. Riedle als Direktorin der Topographie des Terrors eröffnete die Ausstellung. – Zehn Tage später konnten wir sie am Gedenkort zu einer ausführlichen Besichtigung begrüßen.
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Die Pandemie ließ dieses Jahr auch die umfangreich geplante Veranstaltung zur Pogromnacht am 9.11.1938 ausfallen. Die SchülerInnen der Theodor Heuss-Gemeinschaftsschule wollten mit diesem Foto wenigstens ihr Projekt mit dem Bildhauer Thomas Lucker und dem Verein Tanz Theater Dialoge dokumentieren.
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Auch die Veranstaltung zu 135 Jahre Jüdischer Gemeinde Chemnitz musste wenige Tage später ausfallen. Sie sollte im ehemaligen Kaufhaus Schocken, einem Erich Mendessohn-Bau, stattfinden. Wir hoffen sehr, dass die dazugehörige Ausstellung später noch gezeigt wird. Dann ist der Besuch in Chemnitz fest eingeplant.
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Ebenfalls musste die Ausstellung „Jüdisches Leben im ländlichen Raum 1933-1945“ verschoben werden. Sie ist schon erfolgreich an verschiedenen Orten in Brandenburg gezeigt worden. Wir planten sie zusammen mit dem Belziger Forum e.V., den Autoren der Ausstellung, in St. Johannis zu zeigen. Außerdem sind weitere Führungen und eine größere Stolpersteinverlegung ausgefallen. Wir hoffen, alles in 2021 nachholen zu können.
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Zum Schluß kam doch noch eine Überraschung. Durch Zufall erfuhren wir vom Entwurf des Bebauungsplans II – 184, der sich auf das Gelände des Gedenkortes Güterbahnhof Moabit und auf die Deportationsrampe bezieht.
Glücklicherweise konnten wir 2016 schon erreichen, dass dieses Gelände unter Denkmalschutz gestellt wurde. Trotzdem gab es in dem Entwurf von zweihundert Seiten eine ganze Reihe von Ungereimtheiten, die wir noch fristgerecht in einer Einwendung auflisteten. Zusätzlich erhielten wir dabei die Unterstützung des Landesdenkmalamtes, des Technikmuseums und von raumlaborberlin, den Schöpfern des Gedenkortes.
Wir hoffen, diesen Ort vor Eingriffen geschützt zu haben.
Wenn Ihnen dieser Bilderbogen gefallen hat . . . . besuchen Sie vielleicht auch sonst unsere Website. Wir bemühen uns immer, dort aktuelle Beiträge für Sie bereitzuhalten.
Gleis 69