Die Ausstellung war in der Vitrine vor dem Rathaus Tiergarten am Mathilde Jacob-Platz 1, 10551 Berlin in der Zeit vom 1.- 30.Oktober 2021 ganztägig zu sehen. Sie ist ein Teil eines Schulprojektes mit dem Französischen Gymnasium und der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule.
Die versteckte Gedenktafel für die „Vermögensverwertungsstelle“
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Die Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg:
Diese Behörde war ursprünglich ein Teil des Finanzamtes Moabit West in der Luisenstraße. Sie bearbeitete Ausbürgerungsfälle von deutschen Bürgern, die aus dem Deutschen Reich auswanderten. Dabei zog sie auch die sogenannte Reichsfluchtsteuer ein.
Im Oktober 1941 begann das nationalsozialistische Regime mit den systematischen Deportationen der Juden aus dem Deutschen Reich. In diesem Zusammenhang wurde die Ausbürgerungsabteilung nach
Alt Moabit 143 verlegt und ging dort in der am 1.Januar 1942 neu geschaffenen Vermögensverwertungsstelle
beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg auf. Ihre Leitung übernahm der zum Oberregierungsrat beförderte Willy Böttcher.
Ihre Aufgabe bestand darin, das gesamte Hab und Gut der geflohenen oder deportierten Juden zum Vorteil des Deutschen Reiches und seiner NS-Institutionen zu beschlagnahmen. Dazu arbeitete sie mit der Polizei, der Gestapo und der SS, dem Zoll und allen anderen staatlichen Institutionen, aber auch Banken, Vermietern, Versteigerungshäusern und Trödlern zusammen.
Es wurde alles beschlagnahmt, eingezogen und verkauft: Vom Grundbesitz über Geldvermögen, Kunst-gegenständen, Wohnungseinrichtungen bis zu Garderobe und Kinderkleidung.
Nach vorsichtigen Schätzungen wurden bei der sogenannten „Aktion 3“ den Juden und Jüdinnen Deutschlands Vermögenswerte von umgerechnet ca. 15 Milliarden Euro geraubt.
Bereits in den achtziger Jahren war die Rolle der „Vermögensverwertungsstelle“ beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg ausreichend bekannt und erforscht. Sie war genuiner Teil der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Ausplünderungsmaschinerie, die oft in vorauseilendem Gehorsam und mit erschreckender Kreativität ihre bürokratischen Werkzeuge gegen die deutschen Jüdinnen und Juden anwandte.
Nachdem schließlich an diesem historischen Ort eine Berliner Gedenktafel an ihre menschenfeindliche Tätigkeit erinnern sollte, fand in der Berliner Nachkriegszeit um diese Tafel ein beschämendes Schauspiel statt. Es ist hier dokumentiert.
Fast zehn Jahre hat es gedauert, bis nach der Initiative der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes 1994 die Tafel am historischen Ort in Alt Moabit 143 aufgestellt werden sollte. Stattdessen wurde sie auf den Einspruch von Oberfinanzpräsident Ingo Trendelenburg (s. Zeitungsartikel) an der Einfahrt zur Feuerwache in der Elisabeth Abegg-Straße* versteckt. Sie war dort für Ortsunkundige praktisch nicht auffindbar.
Dieser skandalöse Zustand hielt bis jetzt unverändert an. Deshalb haben wir eine Exkursion für den virtuellen und analogen Gebrauch entworfen und sind mit Schülerinnen und Schülern des Französischen Gymnasiums Tiergarten diesen Weg abgegangen. Zuletzt im September 2021. Ihre Eindrücke haben die SchülerInnen hier in einer aktuellen Dokumentation festgehalten. Sie war inzwischen Teil einer Ausstellung vor dem Rathaus Tiergarten (Oktober 2021) und ist seit Dezember 2021 im Französischen Gymnasium selbst zu sehen.
* Elisabeth Abegg, * 3.3.1882 Straßburg, † 8.8.1974 Berlin, Historikerin, Pädagogin, Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime. Sie unterrichtete u.a. am Luisen-Gymnasium, das auch Ernst Boris Chain besuchte. Sie versteckte und half jüdischen und politisch verfolgten Menschen, die so fast alle überleben konnten.
Sie hätte es mit Sicherheit nicht zugelassen, dass die Gedenktafel in diesem Ort so versteckt aufgestellt wird.
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Zeitleiste zur Berliner Gedenktafel für die Vermögensverwertungsstelle
1985 Vorschlag des VVN ( Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Verband der Antifaschisten ) für eine Berliner Gedenktafel zur Erinnerung an die “Vermögensverwertungsstelle”.
Die Tafel wird hergestellt, aber nicht aufgestellt.
29.09.1988 Ankündigung im Tagesspiegel, dass demnächst eine Gedenktafel in Alt Moabit 143 aufgestellt werden soll.
1990 neuer aber vergeblicher Vorstoß, die Tafel aufzustellen.
Frühjahr 1994 Kurt Schilde entdeckt die Tafel im Rathaus Tiergarten. Bezirksbürgermeister Naujocks bereitet die Aufstellung der Tafel vor.
Am 17. Juni 1994 erhebt der Oberfinanzpräsident Ingo Trendelenburg ( s. Zeitungssartikel) gegen die vor dem ehemaligen Standort der “Vermögensverwertungsstelle” Alt Moabit 143 geplanten Aufstellung der Gedenktafel Einspruch. Darauf wird die Tafel an die Rückseite des Grundstücks vor die Einfahrt der Feuerwache Tiergarten verlegt.
Am 24. Juni 1994 enthüllen der Tiergartener Bezirksbürgermeister Wolfgang Naujokat und der Vorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde Jerzy Kanal die Tafel.
1999 wird die Tafel zerstört, später wieder ersetzt.
2021 die Gedenktafel steht weiterhin für Ortsfremde nicht auffindbar in der Elisabeth-Abegg-Straße.
Am 22. September 2021 stehen Schülerinnen und Schüler des Französischen Gymnasiums Tiergarten vor der Tafel.
Am 10.Dezember 2021 bitten SchülerInnen des Französischen Gymnasiums und der Verein Gleis 69 in einem Brief den Bundesfinanzminister Christian Lindner um Abhilfe. Das betreffende Grundstück befindet sich weiterhin im Besitz der Bundesfinanzverwaltung.
Am 10.Februar 2022 erhalten wir aus dem Bundesfinanzministerium eine Antwort auf unseren Brief. Das Ministerium teilt unsere Ansicht, dass der jetzige Aufstellungsort für die Erinnerungstafel unangemessen ist und im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau eines Bürogebäudes geändert wird. Die SchülerInnen des Französischen Gymnasium und Gleis 69 e.V. sollen bei dem weiteren Vorgang mit eingebunden werden.
Am 10. Februar 2022 erfahren wir ebenfalls auf unsere Anfrage aus dem Bundespräsidialamt, dass das neu zu bauende Bürogebäude dem Bundespräsidenten ab 2025 als Ausweichquartier dienen soll. In dieser Zeit wird sein eigentlicher Dienstsitz, das Schloss Bellevue, renoviert.
Inzwischen hat Gleis 69 e.V. von der Koordinierungsstelle Historische Stadtmarkierungen / Aktives Museum den Auftrag erhalten, die Gedenktafel in Obhut zu nehmen. Von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben werden wir informiert, dass die Tiefbauarbeiten im Mai 2022 beginnen.
Am 30.März 2022 bauen wir deshalb mit Hilfe der Feuerwache Tiergarten die Gedenktafel ab und nehmen sie in Obhut.
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Die Suche nach der Gedenktafel
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Zeitungsartikel zur Gedenktafel für die „Vermögensverwertungsstelle“.
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Nach der Exkursion am 22.09.2021:
Die SchülerInnen des Französischen Gymnasiums erstellen in eigener Regie folgende Plakate:
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Quellen:
Aly, Götz. Hitlers Volksstaat. Fischer. Frankfurt 2005
Friedenberger, Martin, Klaus-Dieter Gössel und Eberhard Schönknecht (Hg.). Die Reichsfinanzverwaltung im Nationalsozialismus. Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz. Berlin 2005.
Knobloch, Heinz. Meine liebste Mathilde. Das Arsenal. Berlin 1986.
Schilde, Kurt. Versteckt in Tiergarten. Weidler. Berlin 1995
Schilde, Kurt. Bürokratie des Todes. Metropol. Berlin 2002
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Die in der Staatsanwaltschaft verschlossene Gedenktafel
für Ernst Boris Chain
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Das Gebäude der Staatsanwaltschaft in der Turmstr. 22 wurde an der Stelle des 2013 abgerissenen Gesundheitsamtes errichtet und beherbergt jetzt wieder die Gedenktafel für den Nobelpreisträger Ernst Boris Chain. Er hatte entscheidend an der Entwicklung des Antibiotikum Penizillin mitgewirkt. Chain ist in Mitte geboren, dann aber bald mit der Familie nach Tiergarten gezogen und wohnte hier lange im Haus
Alt Moabit 109.
Weshalb die Tafel ursprünglich im Gesundheitsamt hing, ist von Chains Lebenslauf her nicht zu begründen. Dass die Tafel jetzt im Sicherheitsbereich der Staatsanwaltschaft hängt und dadurch für BesucherInnen unzugänglich ist, lässt sich noch viel weniger erklären.
Eine Unterrichtseinheit , die wir für die Theodor Heuss-Gemeinschaftsschule entworfen haben, beschäftigt sich mit Grundlagen der Mikrobiologie, Ernst Boris Chain und seiner Arbeit.
In diesem Zusammenhang haben wir dann die hier angesprochenen Orte besucht. Dabei mussten die SchülerInnen die Erfahrung machen, erst nach einer Bitte und einer längeren Erklärung gegenüber den MitarbeiterInnen der Staatsanwaltschaft einen Blick auf die angekündigte Gedenktafel werfen zu dürfen. Fotografieren war ihnen nicht erlaubt. Die SchülerInnen haben ihre Eindrücke in Fotos und Texten dokumentiert.
Der jetzige Ort der Gedenktafel kann weder im Sinne des Stifters, noch im Sinne des Geehrten oder der interessierten Gesellschaft sein. Vielleicht findet sich doch ein Weg, die Tafel an seinem ehemaligen Wohnhaus Alt Moabit 109 anzubringen.
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Auf der Suche nach der verschlossen Gedenktafel.
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Die SchülerInnen der Theodor Heuss-Gemeinschaftsschule haben ihre Eindrücke von der Exkursion in Plakaten zusammengefasst:
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Die Ausstellung zu den vergessenen Gedenktafeln in Tiergarten.
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Die Ausstellung in der Vitrine vor dem Rathaus Tiergarten am Mathilde Jacob-Platz 1, 10551 Berlin war in der Zeit vom 1.- 30.Oktober 2021 ganztägig zu sehen.