Dessau erhält wieder eine Synagoge

Synagoge in Dessau, 1908 erbaut, 1938 zerstört.
Askanische Straße / Kantorstraße.
Vermutlich gemeinfrei, Fotograf unbekannt.


Eine Einladung zur Grundsteinlegung für eine Synagoge bekommt man nicht alle Tage. Deshalb gab es auch kein Zögern, am 8. November nach Dessau zu fahren. Die Jüdische Gemeinde dort veranstaltete an diesem Tag mit der Stadtverwaltung zusammen ein Gedenken an die „Reichskristallnacht“ und gab bei dieser Gelegenheit auch den Beschluss für den Neubau einer Synagoge bekannt. Dieser Beschluß fand in der Grundsteinlegung seine Bestätigung.
Der Weg zu einer neuen Synagoge war lang und beschwerlich. Er wurde deutlich beschleunigt, als Prof. Alfred Jacoby 2014 den Entwurf für einen Neubau vorlegte und die Gemeinde Reiner Haseloff, dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, das Modell zur permanenten Erinnerung schenkte. 2018 war dann die Grundstücksfrage geklärt und vor wenigen Wochen auch die Finanzierung. Möglicherweise hat der Anschlag von Halle die Entscheidungen zuletzt beschleunigt.
Dessau besaß eine eine altehrwürdige jüdische Gemeinde. 1678 erstmals erwähnt, blühte sie im 18. Jahrhundert unter der Regierung des aufgeklärten Fürsten Leopold Friedrich Franz III auf und zählte schließlich über tausend Mitglieder. Ihr Bekanntestes, Moses Mendelssohn (1729-1786), folgte als junger Mann seinem Lehrer, dem Rabbiner Fränkel, nach Berlin.
1908 wurde die mittlerweile vierte Synagoge am selben Ort von den Berliner Architekten Cremer und Wolffenstein erbaut. Das notwendige Geld hatte die Baronin Julie von Cohn-Oppenheim gestiftet. Die Synagoge im orientalischen Stil soll eine große Ähnlichkeit mit der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin gehabt haben. 1938 wurde die Synagoge geplündert, angezündet und zerstört. Nur wenige der Dessauer Juden überlebten die Verfolgung.
Erst Mitte der 1990ger Jahre gründeten sogenannte Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen UdSSR
eine neue jüdische Gemeinde in Dessau. Sie hat jetzt ca. dreihundert Mitglieder, die ihr Gemeindeleben bis heute in dem sehr beengten Rabbinerhaus gestalten mußten.
Jetzt freut sich die Gemeinde auf die Einweihung des neuen Gotteshauses am alten Platz im Jahr 2021. Dabei ist das tiefe Erschrecken über den Anschlag in Halle immer noch gegenwärtig. In die Planung der Synagoge sind entsprechend diesem Erlebnis auch umfangreiche Sichermaßnahmen miteingegangen.

Auch in Magdeburg geht es jetzt mit dem geplanten Neubau der Synagoge voran. Die Stadt Magdeburg hat gerade eine Schenkungsvereinbarung mit der jüdischen Gemeinde für das Baugrundstück unterzeichnet. Die wenig qualifizierte Kritik des Bundes der Steuerzahler fiel dabei glücklicherweise nicht weiter ins Gewicht.
TOL-

Gedenkstele für die zerstörte Synagoge. TAL
Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und
Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. TAL
Elisha Portnoy, Rabbiner in Dessau und in Halle. TAL
Oberbürgermeister Peter Kuras, Ministerpräsident Reiner Haseloff, Gemeindevorsitzender Alexander Wassermann und Vizepräsident Mark Dainow haben u.a. die Urkunde für den Grundstein unterschrieben. TAL
Der noch geöffnete Grundstein. TAL
Darstellung der neuen Synagoge. TAL