Dessau hat eine neue Synagoge.

Dessau-Roßlau, Einweihung der neuen Synagoge in Dessau mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Sachsen-Anhalts
Ministerpräsident Reiner Haseloff und Oberbürgermeister Robert Reck. 22.10.2023. M_H.DE – Eigenes Werk.
Unter CC BY-SA 4.0.

Sonntag war der Tag der Offiziellen und der politischen Statements. Am Montag nach dieser Eröffnung nahmen die Jüdische Gemeinde dann und alle, die mit ihr verbunden sind, die Synagoge in ihren Besitz.

Im Foyer der Synagoge. TAL
Unter wachsamen Augen. TAL

Um das Gebäude herum war noch Polizei postiert und der Zugang war mäßig reglementiert. In der Synagoge selbst aber waren dann keine weiteren Beschränkungen zu spüren.

Die neue Synagoge am alten Ort. Im November 2019 war die Grundsteinlegung. TAL

Hier war die Freude über das neue Haus und seine zukünftigen Möglichkeiten das bestimmende Gefühl. Der Gemeindevorsitzende Dr. Alexander Wassermann erklärte unermüdlich den Innenraum in seiner Gestaltung. Den Thoraschrein musste er immer wieder öffnen, um den BesucherInnen einen Blick auf die Thorarolle zu ermöglichen.

Der Gemeindevorsitzende Dr. Alexander Wassermann vor dem geöffneten Thoraschrein. TAL

Die Begrüßung der Gäste übernahm der Geschäftsführer der Gemeinde, Aron Russ, und sprach dabei auch viele von ihnen persönlich an. Jana Müller vom Stadtarchiv überbrachte die Grüße der Stadt Dessau und erinnerte gleichzeitig an die verschiedenen jüdischen Familien aus Dessau, ihre Nachkommen und ihre besonderen Beziehungen zur Stadt.

Als Architekt des Bauwerks beschrieb Alfred Jacoby aus Frankfurt seine Vorstellungen, die den Entwurf der Synagoge bestimmt hatten. Ihre runde Form sollte der Gemeinde einen geschützten Raum bieten, um ihr Judentum leben zu können. Gleichzeitig sollte sich der Bau zur Stadt und ihren Bürgern hin öffnen. Die großzügige Ausleuchtung durch Tageslicht sollte ebenfalls für Offenheit und Transparenz sorgen.

Danach schlug Dr. Bernd Ulbrich als Historiker mit der Geschichte der Juden in Dessau einen Bogen über vier Jahrhunderte und stellte die vier Synagogen der Stadt vor. Eine Geschichte mit Widersprüchen.

Die Synagoge von 1908. Historische Postkarte.

Mit einem berührenden Beitrag zu ihrer erst spät entdeckten jüdischen Familiengeschichte zeigte Frau Sonnenthal-Walbersdorf verschiedene Lebenswege auf, die einen vielfältigen Bezug zu Dessau hatten, aber oft in entfernten Weltgegenden endeten. Etliche davon aber auch in den Vernichtungslagern des Dritten Reiches.

Frau Sonnenthal-Walbersdorf berichtet über ihre Familie. TAL

Um die Gäste zum Schluss auch positiv gestimmt nach Hause zu entlassen, traten zum Schluss eine Musikergruppe mit der dominierenden Sängerin Karolina Tribala auf. Ihr gelang es durch hinreißende Art, die Gäste zum Mitsingen zu bewegen. Das hatte fast kathartischen Charakter.

Die Sängerin Karolina Tribala zeigte eine beeindruckende Präsenz. TAL

In der Rückschau war die Teilnahme an der heutigen Veranstaltung wesentlich attraktiver als eine Einladung zu der gestrigen offiziellen Eröffnung. Danke für diese Erfahrung.
TOL