Am 18. August 2020 berichtet Frank Jansen im Tagesspiegel von einer Zunahme rechtsextremistischer Straftaten. Nach Auskunft der Polizei seien 2020 bundesweit 9305 Straftaten von Neonazis und anderen Rechten registriert worden. Das sind 700 mehr als im ersten Halbjahr 2019. Davon werden 876 als antisemitisch eingeordnet, 177 mehr als in dem ersten Halbjahr 2019.
2020 wurden bei den rechtsextremistischen Straftaten 148 Menschen verletzt, davon 14 bei den als antisemitisch eingeordneten.
Gleichzeitig erfährt man auch in diesem Artikel vom Verfassungsschutz, dass die rechte Szene den Attentäter von Hanau als „geistesgestörten Einzeltäter, den Amoklauf eines Irren oder einen Spinner, der bei seiner Mutter gewohnt habe“ betrachte. . . . . was sagt uns das?
Am 19. August 2020 geht Jansen noch einmal auf diese Zahlen ein, läßt dann aber umfangreich den Zentralrat der Juden zu Worte kommen, der sich bei der Arbeit des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus zu wenig berücksichtigt findet. Antisemitismus sei nicht als eigenes Problemfeld benannt worden, er baue nicht wie der Rassismus nur auf punktuellen Vorurteilen auf. Dagegen verweist Jansen auf einen Bericht der Bundesregierung, der sowohl auf die Bekämpfung des Antisemitismus als auch der Muslimfeindlichkeit und des Antiziganismus eingeht.
Weiter fordert der Zentralrat der Juden generell mehr Verständnis für Jüdinnen und Juden und für Ihre gesellschaftliche Rolle.
An dieser Stelle hätte sich der interessierte Zeitungsleser aber auch Informationen darüber gewünscht, wie Muslime und Angehörige anderer Minderheiten ihre Diskriminierung und Bedrohung erleben.
Wer sind die nichtjüdischen Menschen, gegen die in der ersten Jahreshälfte 2020 Rechtsextreministen 8429 Straftaten begangen haben?
Glücklicherweise veranstaltet der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus in Kürze eine nicht öffentliche Anhörung, bei der neben dem Zentralrat der Juden auch Vertreter von 40 NGO zu Worte kommen.
Ludgar Fittkau stellt am 23. August 2020 im Deutschlandfunk mit seinem Kommentar zum Anschlag von Hanau hier wieder die Balance her.
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