Im August 2019 berichtete der Deutschlandfunk über den letzten lebenden Ankläger Benjamin Ferencz, den seine Aufgabe bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen bis heute nicht losgelassen hat. Das Motto, für dessen Verwirklichung er ein Leben lang gearbeitet hat, lautete „Recht statt Krieg“. Als Kleinkind 1921 mit seinen Eltern aus Siebenbürgen in die USA geflohen schloss er dort 1943 sein Jurastudium ab. Im Zweiten Weltkrieg suchte er dann als Ermittler in Europa nach Unterlagen für deutsche Kriegsverbrechen.
Dabei stieß er auf den SS-Brigadeführer Ohlendorf als Befehlshaber einer der Einsatzgruppen aus dem Angriffskrieg gegen die UdSSR, dem Unternehmen Barbarossa. Die Aufgabe dieser Einsatzgruppen bestand darin, direkt hinter den angreifenden Wehrmachtsverbänden zu operieren und bestimmte Zielgruppen wie Juden, Roma und kommunistische Kommissare umgehend zu ermorden. Der Zufall spielte Ferencz umfangreiche Akten zu, die die Verbrechen der SS minutiös belegten. Mit dem Beweis von über einer Million Morde setzte er gegen alle Widerstände den Prozess gegen die unmittelbar Verantwortlichen der Einsatzgruppen durch. Ging es im ersten Nürnberger Prozess gegen Göring, Hess, Speer und andere um die Verantwortung für den Angriffskrieg, sollten die Folgeprozesse gegen Ärzte, Juristen, Industrielle und andere Eliten klären, aus welchen Beweggründen sie die NS-Ideologie und ihr verbrecherisches Tun unterstützt hatten. Im Prozess gegen die Einsatzgruppenverantwortlichen ging es jetzt um die direkte Verantwortung für unzählige Morde an Unschuldigen. 22 SS-Offiziere wurden angeklagt. Mehr passten nicht auf die Anklagebank, berichtete Ferencz. In seiner Anklagerede machte er deutlich, dass die Opfer nur ermordet worden waren, weil sie nicht derselben Religion oder Ideologie wie ihre Mörder angehörten. 14 Angeklagte wurden zum Tode verurteilt, die übrigen zu hohen Haftstrafen. Ihnen allen konnte er nachweisen, dass die Befehle, auf die sie sich beriefen, verbrecherisch und damit ungültig gewesen waren.
Otto Rasch Heinz Schubert Waldemar Klingelhöfer
Erwin Schulz Gustav Nosske Martin Sandberger Franz Six Waldemar von Radetzky Mathias Graf Paul Blobel Walter Blume Erich Naumann Walter Haenisch Eduard Strauch Willi Seibert Adolf Ott Eugen Steimle Lothas Fendler Werner Braune Heinz Jost Otto Ohlendorf
Alle Fotos :
US Army photographers on behalf of the OUSCCPAC or its successor organisation, the OCCWC – Zwischen 1945 und 1949 Gemeinfrei
Aus der Erfahrung dieser Prozesse schuf die UNO den Internationalen Strafgerichtshof, den die USA paradoxerweise bis heute nicht anerkennen. Dieser Gerichtshof hat dann seine Aufgaben im Jugoslawienkrieg und bei den Verbrechen in Ruanda wahrgenommen.
Später setzte sich Ferencz für verschiedene Opfergruppen ein, verhandelte die Wiedergutmachungsgesetze mit der Bundesrepublik und vertrat die Interessen der Zwangsarbeiter gegen die deutsche Industrie. Zeit seines Lebens hat er sich für das humanitäre Völkerrecht eingesetzt.
Ende der Vierziger und Anfang der Fünfziger Jahre fand ein Umschwung in der öffentlichen Meinung Westdeutschlands statt, sie und zahlreiche Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens forderten Strafermäßigungen und Begnadigungen für die verurteilten Kriegsverbrecher. Die amerikanische Militärregierung gründete auch unter dem Eindruck des beginnenden Kalten Krieges einen Advisory Board on Clemency for War Criminals und setzten in der Folge zahlreiche Haftstrafen herunter und wandelten einen Teil der Todesurteile in Haftstrafen um.
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