Rechtsruck ?

Diesem Artikel von Floris Biskamp im Tagesspiegel vom 16. November 2019 kann man weitgehend zustimmen. Er sucht nach dem Rechtsruck in der Einstellung der deutschen Gesellschaft und kann in aussagekräftigen Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise dafür finden. Seit Jahren zeichnen sich circa fünf Prozent der Bevölkerung durch ein geschlossenenes, rechtsextremes Weltbild aus, rund zwanzig Prozent zeigen eine deutliche Rechtslastigkeit und mindestens die Hälfte der deutschen Gesellschaft weist Anteile einer solchen Einstellung auf. Aus diesen Gruppen kommt dann auch die Zustimmung für die AfD. Dabei hat das Auftreten dieser Partei eben keinen Rechtsruck ausgelöst, sondern eher die politische Einstellung der genannten Bevölkerungsgruppe erkennbar gemacht. Die skandalösen Bemerkungen von AfD-Vertretern sind in der Vergangenheit in ähnlicher Form auch immer wieder von CDU/CSU-Politikern gefallen. Heute müssen wir uns nach eigener Beobachtung aber jeden Tag mit ihnen auseinandersetzen und beobachten auch ein lauteres Medienecho als früher.
Außerdem hat die Asylgesetzgebung abweichend von Biskamps Interpretation ihre Probe in den 1990ger Jahren nur bedingt bestanden. Das Grundrecht auf Asyl wurde durch eine Reihe von Gesetzen zunehmend eingeengt. Gleichzeitig hat es der bundesdeutsche Gesetzgeber bis heute versäumt, ein nach vorn gerichtetes Einwanderungsgesetz zu schaffen und damit der seit den siebziger Jahren rückläufigen demographischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Mit einer geregelten Einwanderung nach Deutschland hätte sich auch der Druck auf den Zugang über das Asylersuchen deutlich vermindert. Auch wenn die traditionellen Vollksparteien weiterhin ihre Wähler vorzugsweise in der der politischen Mitte suchen, dürfen sie insbesondere den rechten Rand des Wählerspektrum wegen seiner Gewaltbereitschaft und Menschenfeindlichkeit nicht aus den Augen lassen und müssen sich ihm beharrlich in der politischen Auseinandersetzung stellen.
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