Offene Türen im Französischen Gymnasium.

Heute war ein großes Interesse am schulischen Angebot des Französischen Gymnasiums zu beobachten. TAL

Eine altehrwürdige Berliner Institution hatte heute ihre Pforten weit geöffnet. – Das Französische Gymnasium in Tiergarten lud zu einem Tag der Offenen Tür ein. Berlins zweitälteste Schule kann auf eine lange Geschichte zurückblicken.

Empfang der Hugenotten durch den Großen Kurfürsten im Potsdamer Schloss. Bild Hugo Vogel. Gemeinfrei

Nach dem Edikt von Potsdam, vom Großen Kurfürsten 1685 unterzeichnet, bot Brandenburg den hugenottischen Emigranten eine willkommene Zuflucht. Kurfürst Friedrich III. gründete für sie am 1. Dezember 1689 das Collège français – von Anfang an als bilinguale Schule angelegt. Später besuchten auch jüdische Kinder diese Schule gern, Kurt Tucholsky war beispielsweise unter ihnen. Vor dem Zweiten Weltkrieg befand sich das FG am damaligen Kronprinzenufer unweit des Reichstagsgebäudes. Eine Tafel auf dem Fußweg dort erinnert daran.

Nach Kriegsende wurde das FG von ehemaligen Lehrern bald wieder ins Leben gerufen. Gleichzeitig eröffnete die damalige Französische Besatzungsmacht ( Berlin war unter den vier Siegermächten aufgeteilt worden) eine Schule für die Kinder ihrer Militärangehörigen. Bald kam es zu den ersten Kontakten zwischen beiden Schulen. Nach einer klugen Übereinkunft konnte dann im April 1953 der Vertrag für eine gemeinsame Schule, das Französische Gymnasium / Collège français, unterzeichnet werden. Die Schüler legen hier gleichzeitig das deutsche Abitur und das französische Baccalauréat ab. Damit erwerben sie auch den Hochschulzugang für die frankophone Welt.

Die Gedenktafel in der Elisabeth-Abegg-Straße in der Feuerwehreinfahrt. Vor der Inobhutnahme März 2022. TAL

Seit 2019 konnten wir ein erfreuliche Zusammenarbeit mit dem FG aufbauen. Begonnen hatte es mit dem Projekt zur Gedenktafel für die Vermögensverwertungsstelle in Alt Moabit. Danach initiierten wir die Auseinandersetzung mit dem Buch Mietek na Wojnie (Rudi im Krieg) von Natalia Gancarz, einer Graphik Novel, die das Leben eines Roma-Jungen in Auschwitz beschreibt. 2023 waren wir auch an der Gestaltung des Studientags im FG miteinbezogen.

Mietek na Wojnie (Rudi im Krieg) von Natalia Gancarz. Ein Klassensatz. TAL

Am heutigen Tag der Offenen Tür hatten wir die Gelegenheit, unsere Dauerausstellung zum Projekt Gedenktafel für die Vermögensverwertungsstelle vorzustellen. Neben der Geschichte dieser NS-Institution stand der Umgang mit dieser Berliner Gedenktafel im Mittelpunkt. Ihre skandalöse Vorgeschichte und ihr jahrzehntelang unbeanstandeter Standort stellte die SchülerInnen vor eine schwierige Aufgabe.
In einem ersten Schritt setzten sie sich mit dem Thema in einer Ausstellung vor dem Rathaus Tiergarten auseinander. In einem zweiten Schritt beschlossen wir, an den Eigentümer des betreffenden Grundstücks in Alt Moabit mit der Bitte um Abhilfe heranzutreten. Wie wir in einer Recherche vorher feststellen konnten, war der Eigentümer der Bundesfinanzminister, also Christian Lindner. Die schnelle und positive Antwort aus dem Bundesministerium der Finanzen vermittelte den SchülerInnen die wichtige Erfahrung, als BürgerInnen selbst wirksam agieren zu können.
Seitdem sind die SchülerInnen durch verschiedene Bundesbehörden in die weitere Gestaltung des entstehenden Interimsbau für den Bundespräsidenten eingebunden. Sie haben sich bereits Gedanken gemacht, wo die besagte Berliner Gedenktafel am sinnvollsten und sichtbarsten wieder aufgestellt werden kann.

23.06.22. Bürogebäude Bundesbehörden. 02_c_Sauerbruch-Hutton-Architekten_Web.
Interimsgebäude für den Bundespräsidenten.

Bei der Präsentation der Ausstellung berichteten die SchülerInnen über die Momente, die den größten Eindruck bei ihnen hinterlassen hatten. Nach unserem Eindruck war das deutliche Interesse der BesucherInnen für sie ebenfalls eine erfreuliche Erfahrung.

Wir betrachten diesen Tag als Motivation dafür, unsere Kooperation mit Schulen verstärkt fortzusetzen.
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