Unser Gedenken in der Stille

27. Januar am Gleis 69

Ein lebendes Zeichen am unwirtlichen Ort. TAL

Erst spät am Abend erlauben der langsam zurückgehende Verkehrsstrom und die weniger parkenden Autos sich auch in Gedanken diesem Ort zu nähern.
Ein anderer Besucher – kurz vorher – hat zwei Kerzen zurückgelassen.
Es sind zwei lebende Zeichen inmitten der grellen Parkplatz- und Reklameleuchten.
Schaut man auf sie, kann man einen Augenblick diese unwirtliche Umgebung abstreifen –
auch wenn das Bild unübersehbar die Korrosion der verrottenden Deportationsrampe erkennen lässt.
In der Erinnerung werden die Bilder eines großen Güterbahnhofes wach, mit lebhaftem Bahnverkehr und Geschäftsbetrieb. Noch in den fünfziger Jahren.
Mit welchen Gedanken haben wohl Menschen, die um die Deportationen wussten, sich damals an diesen Ort bewegt?
Welche Laute mögen in ihnen nachgeklungen sein?
Wie in der alten Dame hier vor einigen Jahren. In einem Gespräch äußerte sie unvermittelt . . . ja, ich habe die Juden noch schreien gehört!
Aber davon ist an diesem Ort nichts mehr zu spüren, so stumm und verstümmelt, wie er sich jetzt zeigt.
TOL-

Ein Gruß. TAL