Was hätte Tucholsky dazu gesagt?

Manchmal wünscht man sich in die Vergangenheit zurück und hätte gern die Altvorderen zu aktuellen Auseinandersetzungen gehört oder gelesen. Wie von Kurt Tucholsky in den Geschichten von Herrn Wendriner oder von Alfred Kerr im Streit mit Karl Kraus in Pan und Fackel. Beide hatten einen scharfen Blick auf das Zeitgeschehen und führten eine spitze Feder.

Da geht Gerrit Bartels im Tagesspiegel mit den Beteiligten im von Maxim Biller angezettelten Konflikt mit Max Czollek noch recht moderat um. In seinem Artikel beschreibt er präzise wie Biller halachisches Gesetz und politische Überzeugung gegenüber Czollek vermengt und instrumentalisiert. Dabei bleibt unklar, ob es Biller tatsächlich um eine sachliche Auseinandersetzung oder um die eigene Selbstdarstellung geht . Bartels schildert aber auch, wie in anderen Medien sich berufen Fühlende zu Worte melden. Sie scheuen sich nicht, Czollek in Sippenhaft für das Verhalten seiner Verwandten zu nehmen und ihn in die Nähe von Antisemitismus zu rücken. Etwas, was im öffentlichen Diskurs immer häufiger zu beobachten ist. Im Gegensatz dazu kann Bartels aber auch auf die deutliche Unterstützung hinweisen, die Czollek von mehreren hundert Intellektuellen und Kulturschaffenden in einem Offenen Brief in der FAZ erfährt.
Glücklicherweise sind hier noch gesellschaftliche Checks and Balances sichtbar und wirksam.

Wenn man dann den Artikel von Erica Zingher in der TAZ vom 15.09.2021 liest, der sich mit der Einwanderung er sog. Kontingentflüchtlinge beschäftigt, bekommt man den Eindruck, dass hier die falsche Diskussion geführt wird.
Auch das hätte Tucholsky unumwunden klar benannt. Er fehlt uns eben.
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