Dr. jur. Bernhard Weiß muss schon zu Lebzeiten als eine bemerkenswerte Persönlichkeit wahrgenommen worden sein. Der Tagesspiegel erinnert jetzt in einem Beitrag an seinen siebzigsten Todestag, den 29. Juli 1951. In Berlin in einer liberal jüdischen Familie aufgewachsen studierte er an verschiedenen Universitäten Jura und schloss mit einer Promotion ab. Danach meldete er sich freiwillig zum 1. Chevaulegers-Regiment „Kaiser Nikolaus II. von Russland“ der königlich bayerischen Armee, einem Traditionsregiment, dass seit den Türkenkriegen bestand. Dort wurde er im Ersten Weltkrieg bis zum Rittmeister befördert. In Preußen undenkbar, aber auch im Königreich Bayern eher eine Ausnahme.
Bei Kriegsende forderte ihn der preußische Innenminister an, und Weiß übernahm im Berliner Polizeipräsidium die Politische Abteilung der Kriminalpolizei. Hatte die Abteilung IA früher Revolutionäre bespitzelt, klärte sie unter Weiß politische Verbrechen wie die Morde an Erzberger und Rathenau auf. Aber Weiß hielt auch Vorträge im Radio, so in der Sendereihe “Wovon man spricht”, ritt regelmäßig im Tiergarten aus und war bei allen gesellschaftlichen Anlässen in Berlin präsent. Für die aufkommenden Nationalsozialisten stellte Weiß eine zentrale Hassfigur dar. Inzwischen zum stellvertretenden Polizeipräsidenten befördert, versuchte Göbbels ihn mit der Bezeichnung “Isidor” lächerlich zu machen. Weiß führte stattdessen erfolgreich 16 Prozesse gegen seinen Widersacher. Bekannt wurde er auch durch sein mutiges Eingreifen gegen die Nazis Mai 1932 im Deutschen Reichstag. Der Parlamentspräsident Paul Löbe hatte wegen schwerer Übergriffe von NS-Abgeordneten gegenüber einem SPD-Mitglied die Polizei angefordert.
.
Mit dem “Preußenschlag” 1932, der Amtsenthebung der preußischen Regierung durch die Reichsregierung, verlor auch Bernhard Weiß trotz massivem Widerstands sein Amt. Er wurde zum Schluss von Reichswehrsoldaten zusammen mit dem Polizeipräsidenten verhaftet. Nach seiner Freilassung war er als Anwalt tätig und kämpfte politisch gegen die drohende Machtübernahme der Nazis. Dabei wandte er sich auch empört gegen Gruppen im deutschen Judentum, die sich für eine leisetreterische Haltung in der Politik einsetzten. Tucholsky hat diese Gruppen beschrieben und ist an ihnen schließlich verzweifelt.
Im Mai 1933 entging Weiß nur knapp der Verhaftung durch die Gestapo, floh auf Umwegen nach Prag und schließlich nach London. Dort bestritt er seinen Lebensunterhalt als Geschäftsmann. Noch im August 1933 erschien sein Name auf der ersten Liste der ausgebürgerten Deutschen neben den von Lion Feuchtwanger, Alfred Kerr, Heinrich Mann, Ernst Toller, Kurt Tucholsky und anderen.
Nach dem Krieg versuchte er bald, nach Berlin zurückzukehren. Der Regierende Bürgermeister Ernst Reuter bot ihm dazu eine Position als Berater beim Neuaufbau der Berliner Polizei an. Bevor er dieses Angebot annehmen konnte, starb er 1951 in London.