Bereits 2020 hatten wir eine Veranstaltung im Französischen Gymnasium, in der wir über die Arbeitsweise der „Vermögensverwertungsstelle“ beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg berichteten und virtuell den Weg vom ehemaligen Finanzamt Moabit-West in der Luisenstraße bis zum früheren Standort der „Vermögensverwertungsstelle“ in Alt Moabit 143 verfolgten. Ein Jahr später war es dann möglich, diesen Weg real zu gehen.
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Nach dem Finanzamt hielten wir am früheren Standort des Französischen Gymnasiums an. Es lag am Reichstagsufer nahe dem Palais des Reichstagspräsidenten. Eine Tafel im Boden erinnert an diese Schule.
Gegenüber dem Reichstag führen weite Treppenstufen zur Spree hinunter. Hier an der nordöstlichen Ecke des Reichstagsgebäude hat die 150. Schützendivision der weißrussischen Front am 30. April 1945 ihre Divisionsfahne gehisst. Zwei Tage später entstand das weltweit bekannte Foto von Jewgeni Chaldej. Eine gute Gelegenheit deutsche Geschichte anhand dieses Gebäudes lebendig werden zu lassen.
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Schließlich überquerten wir die Moltkebrücke und machten uns auf die Suche nach der Gedenktafel für die „Vermögensverwertungsstelle“. Erst nach einer Hilfestellung konnten die SchülerInnen sie entdecken.
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An diesem vergessenen historischen Ort schilderten wir ausführlich das Vorgehen dieser Finanzbehörde und ihr Zusammenwirken mit den anderen NS-Verfolgungseinrichtungen. Sie plünderte regelrecht die deportierten Juden aus – auch noch nach ihrer Ermordung – und sorgte dafür, dass das geraubte Vermögen – man spricht von 15 Milliarden Euro – dem NS-Staat anheimfiel.
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Mit diesem Wissen fällt es schwer, zu verstehen, dass diese Vorgänge erst in den 80er Jahren wieder erinnert wurden. Bis zu einem öffentlichen Gedenken dauerte es noch einmal bis 1994. Dann wurde eine Berliner Tafel an der Straßenfront in Alt Moabit 143 aufgestellt . . . aber schon wenige Tage später auf Veranlassung des Oberfinanzpräsidenten Trendelenburg wieder abgebaut und am letzten Zipfel des Grundstücks in der Elisabeth Abegg-Straße aufgebaut. Dort ist sie von Ortsunkundigen praktisch nicht auffindbar.
Diesen Teil der Nachkriegsgeschichte kann man heutigen SchülerInnen nur damit erklären, dass 1945 Besatzungsmächte und Berliner Magistrat dringend auf die Weiterarbeit der vorhandenen Finanzbeamten angewiesen waren und so zwangsläufig für eine ungebrochene Kontinuität in der Finanzverwaltung vom Dritten Reich in die Nachkriegsgesellschaft sorgten. Erst ab 2000 fing die Finanzverwaltung an, sich mit ihrer eigenen Geschichte zu beschäftigen.
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