Weiterhin aktuell – Emile Zola und sein Appell „J´accuse“

Karikatur, die Zola im Angriff auf das französische Militär zeigt. Quelle: Moses-Mendelssohn-Stiftung

Am 16. Januar 2023 lud die Französische Botschaft zur Vernissage für eine Ausstellung zur Affäre um den französischen Hauptmann Alfred Dreyfus ein.
Weltweit bekannt wurde diese Affäre durch den Offenen Brief Emile Zolas mit seinem Appell „J´accuse“, in dem er das französische Militär in der Öffentlichkeit wegen eines Unrechtsurteils anklagte. Dreyfus war 1894 nach oberflächlichen Untersuchungen mit gefälschten Beweisen als Spion für das Deutsche Reich angeklagt worden. Als Jude und Elsässer diente er als bequemer Sündenbock und wurde erwartungsgemäß zu lebenslanger Verbannung verurteilt. In der Presse wurden dabei heftige antijüdische Ressentiments von rechts und von links laut.

Alfred Dreyfus in 1890. Photo by Aron Gerschel – Musée d’Art et d’Histoire du Judaïsme.

Theodor Herzl verfolgte den Prozess und die folgende öffentliche Degradierung Dreyfus, die von Tausenden Schaulustigen verfolgt und mit den Rufen “ Tod dem Verräter! -Tod dem Juden!“ begleitet wurde. Er äußerte danach, dass ihn dieser Prozess zum Zionisten gemacht hätte. Zwei Jahre später berief er den ersten Zionistenkongress nach Basel ein.

Degradierung von Alfred Dreyfus. Digitalen Bibliothek Gallica. Gemeinfrei

Dreyfus Familie ließ nichts unversucht, um eine Revision zu erreichen. Neu aufgetauchte Beweise für Dreyfus Unschuld wurden vom Militär unterdrückt. Bis schließlich ein unabweisbarer Beweis zur Anklage gegen den tatsächlichen Spion führte. Ein Militärgericht stellte den Prozess unter fragwürdigen Umständen ein. Zwei Tage später, am 13.Januar 1898, wurde Zolas Appell in der Zeitung L ´Aurore veröffentlicht. Die Folge war eine scharfe Polarisierung von Konservativen, Militär, Kirche und Antisemitenliga einerseits und linken Intellektuellen, Journalisten und Juristen andererseits. Hier wurde zum ersten Mal auch der Einfluss und die Macht der Medien deutlich. Zola wurde in einem Verleumdungsprozess zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und entzog sich diesem Urteil durch Flucht nach England. Da wurde der Fall zu einer nationalen Affäre, die in der ganzen Welt aufmerksam verfolgt und diskutiert wurde.

Titelseite der von Georges Clemenceau herausgegebenen Zeitung L’Aurore vom 13. Januar 1898 mit Émile Zolas J’accuse…! überschriebenem offenen Brief an Staatspräsident Faure zur Dreyfus-Affäre. Gemeinfrei

Ein im Jahr 1899 anberaumter Revisionsprozess ermöglichte es, Dreyfus seinen Verbannungsort, die Teufelsinsel, zu verlassen. Das Urteil des Militärgerichts in Rennes lautete dann aber entgegen aller Erwartungen wiederum Schuldig und verurteilte ihn zu einer weitere Festungshaft von zehn Jahren. Das Entsetzen über dieses Fehlurteil war allgemein und weltweit. Herzl stellte fest, dass Dreyfus aus keinem anderen Grund Gerechtigkeit versagt worden sei als aus dem seines Judentums.

Zahlreiche Staaten drohten die Weltausstellung 1900 in Paris zu boykottieren und setzten so den französischen Staatspräsidenten unter Druck. Am 19. September 1899 begnadigte er Dreyfus, der aber darauf bestand, weiter für den Beweis seiner Unschuld kämpfen zu können. Am 12. Juli 1906 schließlich wurde er in der Militärschule Paris, dem Ort seiner Degradierung, rehabilitiert, zum Major befördert und als Ritter der Ehrenlegion geehrt. Als 55jähriger nahm er am Ersten Weltkrieg teil.

Der französische Botschafter François Delattre bei der Ausstellungseröffnung. TAL

Die umfangreich ausgestattete Wanderausstellung wird seit 2005 mit großem Erfolg an verschiedenen Orten gezeigt. Sie ist von der Moses-Mendelssohn-Stiftung zusammen mit StudentInnen der Universität Potsdam entwickelt worden. Frau Dr. Kotowski von der Moses-Mendelssohn-Stiftung hielt als Kuratorin bei der Eröffnung einen einleitenden Vortrag. Der französische Botschafter François Delattre und der Antisemitismus-beauftragte des Bundes Dr. Klein sprachen Grußworte.
Frau Dr. Kotowski hat dazu in der Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte einen ausführlichen Beitrag verfasst.
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