So charakterisiert Tachles Chefredakteur Yves Kugelmann den Moskauer Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt.
Für die Ausgabe vom 18. Februar 2022 interviewte Kugelmann Goldschmidt zur Lage in der Ukraine. Goldschmidts Antwort lautete:“ Wir beten für den Frieden“. Er macht sich große Sorgen um die Juden in der Ukraine. Es hat viel Mühe gekostet, nach der Loslösung von der UdSSR dort neue Gemeinden aufzubauen. Und jetzt bereiten sie sich auf die Evakuierung vor.
Als langjährigen Vorsitzenden der Europäischen Rabbinerkonferenz fragt Kugelmann ihn aber auch allgemein nach der Lage der jüdischen Gemeinden in Europa. Goldschmidt benennt hier als Problemfelder Antisemitismus und Sicherheit, Armut vieler Gemeinden und Gesetze, die die Religionsausübung erschwerten. Das Abwägen zwischen den Rechtsnormen des Staates und der Halacha hat unter dem Motto Dina de malchuta dina in der Diaspora eine lange Tradition. Das Schächtgebot und das Beschneidungsgebot für männliche Säuglinge, der Brit Mila, sorgen immer wieder für Konflikte. Aber auch zum Übertritt zum Judentum, dem Giur, gibt es zwischen den Rabbinerkonferenzen in der Diaspora, dem Oberrabbinat und dem israelischen Religionsministerium unterschiedliche Ansichten. Und auch je nach Ausrichtung zwischen einzelnen Gemeinden in der Diaspora. Dazu gehört auch die weiterhin nicht eindeutig geklärte Frage der „Vaterjuden“.
Auf die wirtschaftliche Lage der Gemeinden angesprochen, stellt Goldschmidt fest, dass ihre vielfältigen Aufgaben angefangen vom Schulwesen, über die sozialen Einrichtungen bis zum Friedhof kostenträchtig seien. Wenn Israel bis jetzt regelmäßig die Diaspora um finanzielle Unterstützung angegangen sei, könne sich diese Situation durchaus einmal umkehren.
Auf die Frage, ob die Lubawitscher Chassiden ein besseres Geschäftsmodell haben, räumt Goldschmidt ein, dass sie mittlerweile ihre jungen Rabbiner in besserer Kommunikation nach außen und der Acquisition von Geldern schulten. Auch ist die Bindung an die Gemeinde bei Chabad offenbar größer, während sie nach Goldschmidt in den USA unter 50 Prozent liegt und bei den israelischen Expats kaum vorhanden ist. Da läge noch eine große Aufgabe vor den Gemeinderabbinern- und rabbinerinnen.
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Ein Gedanke zu „Sehr Schweizerisch Diplomatisch“
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