Erinnern an den Widerstand

Hinrichtungsstätte in der ehemaligen Strafanstalt Plötzensee. TAL

Nur gut zwei Kilometer Luftlinie vom Gleis 69 am Gedenkort Güterbahnhof Moabit entfernt befindet sich die Gedenkstätte des ehemaligen Strafgefängnisses Plötzensee. Zwischen 1933 und 1945 ließen die Nazis hier mehr als 2800 Menschen aus 20 Nationen hinrichten – unter ihnen viele Männer und Frauen, die sich im politischen Widerstand engagiert hatten. Sie sind im Ehrenbuch der Opfer von Berlin-Plötzensee dokumentiert
Der Raum der ehemaligen Hinrichtungsstätte am Hüttigpfad in Berlin-Charlottenburg ist noch erhalten. Hier kann man den Hinrichtungsbalken mit den daran befestigten Fleischerhaken sehen, an denen die zum Tode Verurteilten erhängt wurden. Paul Celan hat diese Haken in einem Gedicht erwähnt. Auf dem Boden lassen sich Spuren des Fallbeils ausmachen.

Informationstafeln an der Gedenkstätte Plötzensee. TAL

In der Dauerausstellung, die sich im Raum nebenan befindet, erfährt man Einzelheiten über das Strafgefängnis und die Hinrichtungsstätte, aber auch über die Geschichten einzelner Verurteilter. Ihre Lebenswege und die Gründe für ihre Hinrichtung waren teilweise sehr unterschiedlich.

Julius Fučík 1929. Fotograf unbekannt. Gemeinfrei

So wurde hier der aus der Tschechoslowakei stammende Journalist und Kommunist Julius Fučík hingerichtet. Von der Gestapo festgenommen hatte er im Frühjahr 1943 im Prager Gefängnis Pankrac die „Reportage, unter dem Strang geschrieben“ verfasst. Nach dem Krieg wurde Fučík durch dieses eindrückliche Vermächtnis bekannt und seine Aufzeichnungen in viele Sprachen übersetzt. Sein Denkmal befindet sich seit 1973 im Bürgerpark Berlin-Pankow.

Straßenschild an der Ecke Hüttigpfad. TAL

Emmy Zehden hingegen war eine von etwa Hundert in Plötzensee Ermordeten, die den Zeugen Jehovas angehörten. Aus religiöser Überzeugung lehnte sie jeglichen Militärdienst ab und hatte deshalb drei Kriegsdienstverweigerer bei sich versteckt.
Doch man musste kein Nazi-Gegner sein, um zum Tode verurteilt zu werden: So wurde der in Berlin arbeitende niederländische Kutscher Albert Tamboe dafür hingerichtet, dass er aus dem Keller eines zerbombten Hauses zwei Fischkonserven entwendet hatte. Die 1939 von den Nazis erlassene „Verordnung gegen Volksschädlinge“ erlaubte es, auch für geringfügige Taten wie etwa „Plünderungen im freigemachten Gebiet“ die Todesstrafe zu verhängen.
2011 problematisierte der Tagesspiegel, dass in der Gedenkstätte auch an August Eckert erinnert wird. Ein deutscher Reichsbahngehilfe, der für den Mord an seiner jüdische Freundin hingerichtet worden ist.

Die Angehörigen der Hingerichteten mussten eine so bezeichnete „Kostenrechnung“ bezahlen. Die Staatsanwaltschaft forderte für jeden Hafttag 1,50 Reichsmark, für die Hinrichtung 300 Reichsmark und für das Porto zur Übersendung der „Kostenrechung“ 12 Pfennige. Man fühlt sich hier unweigerlich an die Deportationen in die Vernichtungslager erinnert – dort mussten Jüdinnen und Juden ebenfalls den „Transportfall“ aus eigener Tasche bezahlen.

Seit November 2018 gibt es den „Pfad der Erinnerung“, der neben Gedenktafeln auch an drei Kirchen vorbeiführt, die an den Widerstand im Nationalsozialismus erinnern. Es sind die Evangelische Sühne-Christi-Kirche, die Katholische Gedenkkirche Maria Regina Martyrum und die Evangelische Gedenkkirche Plötzensee.
Die beschriebenen Gedenkstätten erinnern an an die Verbrechen des Nationalsozialismus, so wie die in der Mitte der Stadt gelegenen. Sie sind aber wenigen bekannt und geraten so immer wieder in Vergessenheit.
l-k

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