Kommt der Reisende in Leipzig mit der Bahn an, stößt er bald in der Nähe des Hauptbahnhofes auf den Brühl, eine der bekanntesten Straßen im alten Geschäfts-und Messeviertel der Stadt. Heute wirkt der Brühl wie eine gut besuchte Einkaufsstraße ähnlich der Zeil in Frankfurt oder dem Kurfürstendamm in Berlin.

Bis Anfang der Dreissiger Jahre aber war diese Straße eine weltweit bekannte Institution bei Pelzen, eine Autorität im Rauchwarenhandel. Am Brühl waren Hunderte von Handelshäusern und verarbeitenden Betrieben der Pelzbranche niedergelassen. Nicht wenige wurden von Juden, aus Polen oder Rußland eingewandert, betrieben. Nur einige Häuser aus der Zeit um 1900 geben noch Zeugnis von der dominierenden Stellung, die diese Straße im Pelzhandel hatte. Eine Stellung, die in wenigen Jahren nach der NS-Machtübernahme verloren ging.

Ein geschichtsträchtiges Haus in der Keilstraße am Rande der Altstadt erinnert an diese Zeit. 1898 wurde das Wohnhaus Nr. 4 erbaut und bereits 1904 teilweise in eine Synagoge für den orthodoxen Talmud-Thora-Verein umgewandelt. Unter dem Namen Brody Synagoge diente sie damals ostjüdischen Pelzhändlern aus der galizischen Stadt, um Gottesdienste nach orthodoxen Ritus abhalten zu können. Die jüdische Gemeinde in Leipzig war dagegen in ihrer Mehrheit liberal geprägt.


Jetzt trifft sich hier die kleine jüdische Gemeinde Leipzigs. Am heutigen Schabbat versammeln sich ungefähr zwanzig überwiegend ältere Männer zum Schacharit, dem Morgengebet. Es ist offensichtlich eine
einader vertraute Gemeinschaft, die mit dem Tallit über Kopf und Schultern aufmerksam der Liturgie und der Lesung aus der Thora folgt. Auch wenn Rabbiner Zsolt Balla neben seinen Aufgaben als Landesrabbiner von Sachsen und als Militärrabbiner an dieser Gemeinde tätig ist, leitet jetzt ein Vorbeter zusammen mit einigen kundigen Gemeindemitgliedern den Gottesdienst. – Im Hintergrund zeigen zwei Monitore die Situation auf der Straße vor der Synagoge. Dort stehen als Sicherheitsmaßnahme ebenfalls zwei Polizeifahrzeuge. Der fremde Besucher aber wird freundlich willkommen geheißen und beim Verfolgen des Gottesdienstes unterstützt.

Sucht man nach dem Ort der ehemaligen großen Synagoge Leipzigs, findet man ihn unweit der Thomaskirche in der Gottschedstraße. Dort bilden seit 2014 140 leere Stühle aus Bronze das Mahnmal für die zerstörte Versammlungsstätte der ursprünglich über 13 000 Leipziger Juden.



Vor der Thomaskirche hat übrigens ein Abguss des Denkmals für Felix Mendelssohn-Bartholdy wieder einen Platz gefunden. Das ursprüngliche Denkmal stand vor dem alten Gewandhaus und wurde dort 1937 von den Nationalsozialisten entfernt.
TOL-
