Eichmann im Originalton

Filmvorführung im Haus der Wannsee-Konferenz am 28.08.2022. TAL

Gestern gab es die seltene Gelegenheit einen Film mit Dokumentarcharakter erstmals außerhalb Israels zu sehen.
Das Haus der Wannsee-Konferenz hatte die dankenswerte Aufgabe übernommen, den Film „Devil´s Confession. The Lost Eichmann Tapes“ und seinen Autor selbst, Yariv Mozer, vorzustellen. Dazu war eine Leinwand und die entsprechende Technik am Wannseeufer aufgebaut. Bis es tatsächlich dunkel war, unterhielten sich Yariv Mozer, Aya Zarfati (Haus der Wannsee-Konferenz) und Tobias Ebbrecht-Hartmann (Hebrew University Jerusalem) über die Entstehung des Films, über die „Sassen-Tapes“ und Ihre historische Bedeutung und über das unterschiedliche Geschichtswissen zu Adolf Eichmanns Person.

Yariv Mozer (re), Aya Zarfati (Haus der Wannsee-Konferenz) und Tobias Ebbrecht-Hartmann (Hebrew University Jerusalem)
am 28.08.2022
im Gespräch. TAL

Dann zeigte der Film neben Eichmanns Tätigkeit bei der Deportation der europäischen Juden, seine Flucht nach Argentinien und sein Leben dort.

Ungarische Juden im KZ Birkenau vor ihrer Ermordung 1944.
. . . im o.g. Film gesehen, TAL

In Spielfilmsequenzen erschien der Kreis um den niederländischen Journalisten Willem Sassen, der selbst als SS-Mann ausgewiesen ist. Sassen interviewte Eichmann über viele Wochen zu seiner Tätigkeit in dem NS-Mordapparat.

Willem Sassen.
. . . im o.g. Film gesehen, TAL

Im Film haben die Zuschauer*innen die Gelegenheit, Eichmanns Stimme zu hören, eine befremdende Erfahrung. Sassen nahm diese Gespräche auf Tonband auf und ließ sie transkribieren. Die „Sassen Tapes“ und ihre Abschriften einschließlich der wiederholt bearbeiteten Kopien gingen verschlungene Wege, teilweise gingen sie auch verloren.

Tonbandaufnahme.
. . . im o.g. Film gesehen, TAL

Sie kamen in die Hände von amerikanischen und deutschen Medien und spielten eine wichtige Rolle 1961 im Eichmann-Prozess. Die letzten Tonbänder gelangten schließlich ins deutsche Bundesarchiv. Auf Grund der Interviews lässt sich Eichmanns Rolle und Persönlichkeit jetzt realistischer erfassen, als es möglicherweise während seines Auftritts im Prozess der Fall war.

Adolf Eichmann vor Gericht ,Jerusalem 1961.
. . . im o.g. Film gesehen, TAL
Hanna Ahrendt im Gespräch.
. . . im o.g. Film gesehen, TAL

Interessant war es, neben dem Geschehen um Eichmann auch noch einmal die damalige weltpolitische Situation dargestellt zu bekommen. Den Kalten Krieg auf seinem Höhepunkt, das Bemühen Israels mit Hilfe Frankreichs und der Bundesrepublik eine Atombombe zu entwickeln und seine militärische Schlagkraft zu verstärken.

Bundeskanzler Konrad Adenauer (r.) im Gespräch mit Staatssekretär Hans Globke, Chef des Bundeskanzleramtes, am Bonner Hauptbahnhof (2.v.l.: Heinrich von Brentano, Bundesminister des Auswärtigen; Heinrich Krone, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion; ganz r.: Ludwig Erhard, Bundesminister für Wirtschaft). Bundesregierung. Fotograf Egon Steiner.

In diesem Zusammenhang konnte Adenauer wiederum seinen NS-belasteten Staatssekretär Hans Globke schützen. Gleichzeitig war die israelische Regierung darum bemüht, Kontakte jüdischer Kreise aus dem damaligen Palästina zur NS-Regierung in Ungarn nicht bekannt werden zu lassen. Für diesen bis heute nicht endgültig aufgeklärten Komplex steht der Name von Rudolf Kasztner, der im März 1957 in Tel Aviv erschossen wurde.

Rudolf (Israel) Kastner (1906–1957). The original version of this image, File:Rudolf Kastner at Kol Yisrael, early 1950s.jpg, says that it shows Kastner in a broadcasting booth at Kol Yisrael, an Israeli state radio station, where he hosted a program in Hungarian. That page also says, in German, that a similar image appeared on 6 December 2014 in the Neue Zürcher Zeitung, p. 22, with the caption: „R.K., as witness during the Nuremberg trials, January 1948.“ The source of that image was given as the Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz This Haaretz article, 28 October 2015, uses the image with the caption: „Israel Kastner in court, 1954. Credit: AP“. That would refer to the Kastner trial, a libel case heard in Jerusalem in 1954. Fotograf unbekannt.Gemeinfrei

Ein insgesamt faszinierender Film, der hoffentlich bald – wenn MGM seine Verhandlungen mit weiteren Vermarktern abgeschlossen hat – in die Kinos und ins Fernsehen kommt.
art-

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