Jüdische Spuren in Portugal

Die kleine Galerie „Kunstraum Botschaft“ in der Zimmerstraße 56 liegt etwas versteckt und lässt sich nur zufällig im Vorbeigehen entdecken. Sie bot bis Ende November mit ihrer Ausstellung „Jüdische Spuren in Portugal“ einen Einblick in fast 2000 Jahre jüdischen Lebens. Denn im Süden Portugals weisen archäologische Spuren darauf hin, dass die ersten Juden wohl schon im ersten Jahrhundert n. Chr. auf die iberische Halbinsel kamen. Bereits vor der Gründung des portugiesischen Staates (1128) lebten hier Juden, Araber, Römer und Westgoten zusammen.

Bibel von Cervera. Handschrift. Kopiert von Samuel ben Abraham ibn Nathan und Josué ben Abraham Ibn Gaon für die „Masora“ Illustriert von Joseph Asarfati. 1299 – 1300.
Bibel von Cervera. Handschrift. Kopiert von Samuel ben Abraham ibn Nathan und Josué ben Abraham Ibn Gaon für die „Masora“ Illustriert von Joseph Asarfati. 1299 – 1300.


Nach der „christlichen Reconquista“ (der Rückeroberung der iberischen Halbinsel und der Zerstörung der arabischen Verwaltungsstrukturen) blieben die Juden im Lande und nahmen weiterhin wichtige Ämter am Hof der ersten portugiesischen Könige wahr. In Portugal übten die Juden eine große Breite an Berufen aus: Sie waren Handwerker, Landwirte und Landeigentümer, die sich in vielen Gebieten des Landes angesiedelt hatten. Sie betrieben Druckereien und Buchhandel und gaben als Gelehrte wichtige wissenschaftliche Impulse.

Nunes, Pedro (Alcácer do Sal, 1502 – Coimbra, 1578). Abhandlung des Doktor Pedro Nunes, Kosmograph seiner Majestät, des Königs, nach den Vorgaben der damaligen Zeit über die Seekarte geschrieben.
Nunes, Pedro (Alcácer do Sal, 1502 – Coimbra, 1578). Abhandlung über die Erde mit Theorie über Sonne und Mond und erstes Geographiebuch von Claudio Ptolomeo Alexadrino. Auszug von Doktor Pedro Nunes. Lissabon, Germao Galharde, 1. Dezember 1537.

So verbesserte der Mathematiker, Astronom und Kosmograf Pedro Nunes durch Methoden der genaueren Winkelmessung die nautische Wissenschaft und gab den portugiesischen Seefahrern verbesserte Instrumente für ihre Fahrten bis ans „Ende der Welt“ in die Hand. Seine mathematischen und anderen wissenschaftlichen Publikationen waren unter den europäischen Wissenschaftlern seiner Zeit wohl bekannt.

Orta, Garcia de (Castelo de Vide, 1501 – Goa 1568).
Antuepiae: ex Officina Plantiniana, apud Viduam & Ioannem Moretum, 1593. Farbillustrationen.

Der Arzt Garcia da Orta verfasste als berühmter Botaniker die erste europäische Abhandlung über tropische Medicinalpflanzen.

Spinoza, Baruch de (Amsterdam, 1632 – Den Haas, 1677). Opera Posthumana, Quorum series post Praefationem exhibetur. Amsterdam 1677.

Der Philosoph Spinoza – bereits im Exil – gehörte mit Descartes und Leibnitz zu den wichtigsten Philosophen des 17. Jahrhunderts und prägte die damalige Zeit der Aufklärung.
Gleichzeitig aber waren Spanien und Portugal durch die rückwärts gewandte Politik der Könige von Kastilien und Aragon von diesem Prozess ausgeschlossen. Mit den Erlassen zur Vertreibung der Juden ( Spanien 1492, Portugal 1496), der Zwangskonvertierung und der Einrichtung der Inquisition 1536 begann für die portugiesischen Juden der Weg ins Exil oder in eine mit Misstrauen beobachte Existenz als „Neue Christen“. Die Angst vor der Inquisition endete in Portugal erst mit dem Jahr 1821.

Im Gegensatz dazu war das neutrale Portugal trotz seines Diktators Salazar in den Jahren des zweiten Weltkriegs für viele Flüchtlinge ein halbwegs sicheres Transitland und ein „Wartesaal“ auf dem Weg ins Exil.

Mit der Würdigung der Zivilcourage portugiesischer Diplomaten in Bordeaux und Budapest, die gegen Verbot ihres Ministeriums tausende Visa ausstellten, schloss die Ausstellung ab. So fand das tragische Kapitel von Flucht und Exil in Portugal dank dieser außergewöhnlichen Persönlichkeiten einen positiven Abschluss.

Telegramm von Texeira Branquinho über eine Erklärung des ungarischen Innenministeriums, in der es heißt, dass „keinerlei ausländischer Schutz für Juden geduldet werde und die bereits gewährten ausländischen Pässe nicht anerklannt würden; die Juden würden grausam behandelt werden, so wie sie es verdienten“. 19. Oktober 1944.

Seit 2015 lädt Portugal seine sephardischen Juden sogar wieder zur Rückkehr ein.
GiP

Die Aufnahmen sind sämtlich in der Ausstellung mit Zustimmung des Hauses entstanden.