Treblinka warnt und erinnert

Am 30. Mai und 1. Juni fand eine Internationale wissenschaftliche Tagung über Treblinka statt. Sie trug den Titel „Treblinka warns and reminds“ (Treblinka warnt und erinnert“). Wegen der Corona – Pandemie wurde sie einerseits vor Ort in Treblinka, andererseits auch als online-Tagung durchgeführt. Die Sprache der Tagung war Polnisch.

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Der Mahn-und Gedenkort Treblinka. BSW

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„Treblinka“ war das größte der drei Vernichtungslager der „Aktion Reinhardt“ (1942-1943) auf dem Gebiet des damaligen Generalgouvernements des von Deutschland besetzten Polen. Wie die beiden anderen Vernichtungslager Bełżec und Sobibór wurde es von der SS allein zu dem Zweck betrieben, dort im Rahmen der „Endlösung“ Juden – und auch Roma – zu ermorden. Die SS-Täter kamen überwiegend aus der Aktion T4 (benannt nach der Adresse der Zentrale: Tiergartenstraße 4), der organisierten Tötung von körperlich, geistig und seelisch behinderten Menschen im Deutschen Reich und im besetzten Polen 1940 und 1941. Von Juli 1942 bis August 1943, wurden in Treblinka mindestens 800 000 vorwiegend aus Osteuropa, aber auch aus anderen Teilen Europas stammende Juden und einige Roma mit Kohlenmonoxyd in Gaskammern vergiftet. Die Angaben zur Höhe der Opferzahlen schwanken zwischen gut 700 000 und 900 000. In einem von den Engländern abgefangenen Funkspruch vom Dezember 1942, abgeschickt aus der Kommandozentrale der „Aktion Reinhardt“ in Lublin an die Zentrale in Berlin, heißt es, dass in Treblinka bis Ende 1942 bereits 713 555 Menschen ermordet worden seien. Eine unvorstellbare Mordaktion in nur wenigen Monaten! Viele Opfer wurden aus den Ghettos in Warschau und Białystok nach Treblinka deportiert.
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Hinweis auf die Herkunft der Jüdinnen und Juden. BSW
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Unter den Opfern aus dem Warschauer Ghetto war auch der bekannte Kinderarzt und Pädagoge Janusz Korczak, der sich trotz angebotener Rettung entschied, bei den Kindern seines Waisenhauses zu bleiben und mit ihnen in den Tod zu gehen.
Nach einem Häftlingsaufstand am 2. August 1943 wurde das Lager bis November 1943 abgebaut. Das Areal wurde umgepflügt und das Gebäude der ehemaligen Küche zu einem Bauernhaus umgebaut – unter Verwendung von Steinen der abgerissenen Gaskammern.

Seit 1964 gibt es auf dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers eine Mahn- und Gedenkstätte, die in ihrem Zentrum an einen jüdischen Friedhof erinnert mit einem Mahnmal an der Stelle, an der die Gaskammern gestanden haben. Es ist bis heute einer der eindrücklichsten Gedenkorte für den Holocaust.

Ort der ehemaligen Gaskammer in Treblinka. BSW

In Treblinka gab es neben dem Vernichtungslager schon seit dem Spätsommer 1941 auch ein Zwangsarbeiterlager. Es wurde kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee im Juli 1944 aufgelöst. Beide Lager waren nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Auch im Zwangsarbeiterlager gab es viele Opfer. Viele Häftlinge starben an Erschöpfung von der schweren Arbeit u.a. in einer Kiesgrube, als Folge von brutalen Behandlungen durch das Lagerpersonal oder als Opfer von willkürlichen Erschießungen und Bestrafungsaktionen. In das Zwangsarbeiterlager wurden vor allem Polen, aber auch Juden aus mehreren europäischen Ländern, die als Handwerker gebraucht wurden, sowie Roma gesperrt. Das Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers ist heute vor allem ein nationaler polnischer Gedenkort, aber auch ein Gedenkort für Roma und Sinti.
Schon in der Entstehungszeit der Lager gab es die Bezeichnungen Treblinka I für das Zwangsarbeiterlager und Treblinka II für das Vernichtungslager.
Von 1986 bis 2018 gehörte die Mahn- und Gedenkstätte zum Muzeum Walki i Męczeństwa w Treblince (dt.: Museum des Kampfes und des Martyriums in Treblinka) und war eine Abteilung des Regionalmuseums in Siedlce. Seit 2018 ist das Museum Treblinka eigenständig als „Treblinka Museum. The Nazi German Extermination and Forced Labour Camp (1941-1944). Seit 2006 gibt es erstmals einen Ausstellungsraum, in dem eine von Bielefelder Schüler:innen erstellte deutsch-polnische Informationsausstellung über Treblinka gezeigt wird. Inzwischen ist das ehemalige Wohnhaus am Rande des Geländes erweitert und zu einem kleinen Museum ausgebaut worden. Für die Zukunft ist ein neues, größeres Museum geplant.
Die Tagung diente der Bestandsaufnahme der bisherigen Arbeit des Museum Treblinka. Es gab Vorträge über eine geplante Datenbank, in der die Namen aller Ermordeten und die Erinnerungen an sie zusammengetragen werden sollen. Aber auch Vorträge über Transporte aus Griechenland und Jugoslawien nach Treblinka. Ebenso Berichte eines polnischen Eisenbahners, der an der Bahnstation Treblinka Augenzeuge der Deportationszüge war, die auf die Einfahrerlaubnis in das Vernichtungslager warteten. Es gab Berichte über neuere archäologische Untersuchungen des Geländes, u.a. mit Hilfe von Luftaufnahmen (Wärmebildkameras), um die Topographie des Geländes erkennbar zu machen und so zum Beispiel zu bestimmen, wie lang die Rampe war, an der die Güterwaggons mit den deportierten Menschen hielten, oder zu bestätigen, wo die Massengräber mit der Asche der Opfer liegen usw. Etliche Vorträge thematisierten den Umgang von bildenden Künstlern mit dem historischen Ort, andere stellten die Zusammenarbeit des Treblinka Museums mit Kooperationspartnern in Israel und Deutschland vor. Der Internetauftritt des Museums wurde vorgestellt ebenso wie Initiativen zu Projekten über Janusz Korczak.
Deutlich wurde, wie eindrücklich sich die Gedenkstätte Treblinka I und II in den letzten 10 bis 15 Jahren entwickelt hat. Früher war es eher ein unbekannter Ort, nicht leicht zu finden. Inzwischen gibt es gute Wegweiser und viele Möglichkeiten, sich im Museum zu informieren.
BSW
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Mahnmal für Janusz Korczak und die Kinder des jüdischen Waisenhaus „Dom Sierot“ in Warschau

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