Aktuell erinnerte der Deutschlandfunk an den „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich“ und die Propagierung des „Großdeutschen Reiches“ vor 80 Jahren. In einem autoritären Ständestaat (1932 -1934) regierte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß Österreich diktatorisch auch mit Parteiverboten. Bei einem gescheiterten Putschversuch der NSDAP wurde er ermordet. Sein Nachfolger Kurt Schuschnigg agierte den Nationalsozialisten gegenüber deutlich zurückhaltender. Erst spät wurde ihm die Gefahr bewusst – möglicherweise auch durch die Besetzung des Rheinlandes 1936 -, die seinem Land durch das deutsche NS-Regime und dessen österreichische Parteigänger drohte.
Nachdem Hitler und Mussolini 1938 ihre jeweiligen politischen Interessen geklärt hatten, erhöhte die deutsche Regierung massiv ihren politischen und militärischen Druck auf Österreich. Mit einer Erpressung wurde Schusschnigg durch den Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart im Amt des Bundeskanzlers abgelöst – und die deutsche Wehrmacht konnte am 12. März 1938 in Österreich einmarschieren.
Am selben Tag lässt sich Adolf Hitler auch von der österreichischen Bevölkerung begeistert zujubeln. Im April wird „der Anschluss“ nachträglich durch eine Volksbefragung legalisiert.
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Ein Beitrag im baunetz.de vom 13.03.2023 illustriert eindrücklich den Umgang in Österreich mit der neueren Geschichte. Hintergrund ist die lange und quälende Geschichte von Hitlers Geburtshaus in Braunau / Österreich, beginnend in den dreißiger Jahren und einem der NSDAP zugeneigten Gastwirt Josef Pommer, dem Kauf des Hauses 1938 durch Martin Bormann zu einer Summe von 150 000 Reichsmark (vierfacher Marktwert) für die NSDAP und der Einrichtung einer Hitler-Erinnerungsstätte.
1954 erhält Kreszentia Pommer das Haus zurückerstattet, da der „Tatbestand der widerrechtlichen Vermögensentziehung durch Erpressung [als] einwandfrei erwiesen“ [gilt]. 2014 – 2016 lehnt Besitzerin Gerlinde Pommer mehrere Kaufangebote der der Regierung ab. 2017 bestätigt der Verfassungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Enteignung. Frau Pommer erhält 2019 dafür eine Entschädigung von 812 000 €.
Das Innenministerium beschließt die Einrichtung einer Polizeibehörde in diesem Gebäude. Es folgt ein Wettbewerb und eine weiteranhaltende Diskussion um einen angemessenen Umgang mit dem Gebäude. 2023 steigen die voraussichtlichen Umbaukosten von ursprünglich fünf auf zwanzig Millionen Euro. 2025 soll der Umbau abgeschlossen sein.
Der Wiener Verein zur Förderung von Diskurs in der Architektur hat diese Geschichte minutiös nachgezeichnet. Er sorgt auch weiterhin für die lebendige und notwendige Diskussion darüber, ob das Vorhaben einer angemessenen Erinnerung gerecht wird.
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