Am 16. November 2018 hatte das Außenministerium zusammen mit dem Deutschen Poleninstitut zu einer Tagung mit dem Thema „Ein Jahrhundert deutscher Polenpolitik“ geladen. Nach einer sehr konzilianten und selbstkritischen Rede, in der der deutsche Außenminister Heiko Maas Polen die Hand zur Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft ausstreckte, waren die Zuhörer auf die Rede des polnischen Botschafter Andrzej Przylebski gespannt. Insbesondere, nachdem der polnische Außenminister trotz vorheriger Zusage kurzfristig abgesagt hatte.
Die Enttäuschung war groß, als Przylebski abweichend von seinem später veröffentlichten Redetext die gesamten hundert Jahre der deutschen Polenpolitik, also auch die Zeit nach 1989, als eine Katastrophe bezeichnete. Gesine Schwan, langjährige Polenbeauftragte der Bundesregierung und Mitgründerin der Europa-Universität Viadrina, stellte diese Behauptung später unter Beifall in einer Erwiderung richtig.
An diesem Ort und bei diesem Anlaß ist die vom später veröffentlichen Manuskript abweichende Rede des polnischen Botschafters zumindest als sehr unfreundliche Geste einzustufen.
Eine besondere Note bekommt dieses Ereignis noch dadurch, daß die Deutsche Welle und polnische Medien, die den Tatsachen entsprechend von der Tagung und den Reden berichtet hatten, aufgefordert wurden, ihre Berichterstattung zu korrigieren. Sie sollten sich stattdessen auf den ursprünglichen Redetext des polnischen Botschafters veröffentlicht auf der Website der Botschaft beziehen.
Im Umgang mit der Presse und im Diplomatischen Bereich gilt „das gesprochene Wort“. Ob sich davon abweichend die polnische Regierung jetzt auch eher am befremdenden Verhalten der amerikanischen Regierung orientiert?
TOL-