Erinnerung unter den Linden

Die Staatsbibliothek zu Berlin nach ihrer Wiedereröffnung 2019. TAL

Wir hatten bereits über die kritische Betrachtung zur Staatsbibliothek im baunetz-Newsletter berichtet. Dort setzt sich Nikolaus Bernau mit der Aufarbeitung der Geschichte in dieser Institution auseinander. Ähnlich berichtet Amory Burchard im Tagesspiegel über die Staatsbibliothek. Bei einem Besuch im Museumsbereich der Staatsbibliothek fanden wir diese Beobachtungen teilweise bestätigt.
Zwischen historischen Exponaten aus unterschiedlichen Epochen finden sich auch Zeugnisse aus der NS-Zeit, einzelne, knapp erklärt, auch in den Zusammenhang mit der damaligen Tätigkeit der Staatsbibliothek gestellt.

Hinweis für Bibliotheksbenutzer „jüdischer Rasse“ in der Staatsbibliothek. Gesehen in der Ausstellung des Museums in der Staatsbibliothek zu Berlin.
Moses Mendelssohn. Vorarbeit für die „Briefe über die Empfindungen“. Berlin 1750.
. Gesehen in der Ausstellung des Museums in der Staatsbibliothek zu Berlin.
Leopold Zunz. Die Ritus des synagogalen Gottesdienstes. Berlin 1859. Von der SS für die „Gegnerbibliothek beschlagnahmte Schrift. Der Vorbesitzer, das jüdisch-theologische Seminar der Fraenckelschen Stiftung in Breslau, wurde durch Schwärzung unkenntlich gemacht.
Gesehen in der Ausstellung des Museums in der Staatsbibliothek zu Berlin.
Tagebuch des letzten Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek Hugo Andres Krüss. Berlin 1945.
Gesehen in der Ausstellung des Museums in der Staatsbibliothek zu Berlin.

Es findet sich kein Hinweis darauf, dass Krüss nur wenige Tage nach diesen Einträgen sein Leben selbst beendet hat.
Rafael Olevski, Dawid Rosental, Paul Trepman. Central-Commitee der Befreiten Juden in der Britischen Zone.
DP-Lager Bergen-Belsen 1946. Unsere Verwüstungen in Bildern. Sonderheft der Zeitung in jiddischer Sprache „Unzer Sztyme“.

. Gesehen in der Ausstellung des Museums in der Staatsbibliothek zu Berlin.

Warum die Staatsbibliothek mit ihrem nicht ganz kleinen Mitarbeiterstab, der auch in historischen Recherchen nicht ungeübt sein wird, bei weitergehenden Nachforschungen zu ihren jüdischen MitarbeiterInnen aber auf einen pensionierten Lehrer zurückgreifen muss, erschließt sich einem nicht.
Der Studienrat Michael Wolff aus Bernau war von sich aus auf die Staatsbibliothek zugegangen und hatte angeboten, diese Aufgabe ehrenamtlich zu übernehmen. Als erstes Ergebnis hat jetzt die Verlegung von neun Stolpersteinen stattgefunden. Alle, an die damit erinnert werden soll, hatten Ihren Arbeitsplatz in der Staatsbibliothek auf Grund ihrer Jüdischkeit verloren.
TOL-

Stolpersteine vor der Staatsbibliothek zu Berlin. Oktober 2022. TAL