Barrie Kosky ist als ehemaliger Intendant der Komischen Oper in Opernkreisen aber auch in der Berliner Politik kein Unbekannter.
Er hat sich jetzt in einem Offenen Brief dazu entschlossen, eben diese Politik auf einen Gesichtspunkt aufmerksam zu machen, der ihr bei ihren Sparbeschlüssen sicher nicht bewusst gewesen ist. Kosky verweist auf die kulturgeschichtliche und kulturpolitische Rolle, die gerade das Haus der Komischen Oper beginnend in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts für das Kulturleben Berlins gehabt hat, und darüber hinaus bis in die heutige Zeit. In den Zwanziger Jahren konnten hier jüdische Komponisten und jüdische Künstlerinnen und Künstler die Operette als eigene Kunstgattung zu einer vorher nicht gekannten Hochform entwickeln, wie sie nach dem Machtantritt des NS-Regime nicht mehr zu erleben war.
Kosky nennt hier nur Leo Fall, Paul Abraham, Oscar Strauß, Emmerich Kalman und die Bühnenstars wie Richard Tauber, Fritzi Massary, Gitta Alpar und Rosy Barsony.
Während seiner Intendanz hat er mit zahlreichen Inszenierungen vermittelt, welche kulturellen Schätze nach 1933 verloren gegangen sind und welche Karriere- und Lebensabbrüche damit verbunden waren . . . und wie groß der Anteil der jüdischen Künstlerinnen und Künstler am damaligen Kulturleben gewesen ist. Dabei verweist er auf die vielfältigen politischen Bemühungen, jüdischem Leben wieder die Selbstverständlichkeit einzuräumen, die es in der Vergangenheit beispielsweise auf der Bühne einmal gehabt hat. Da helfen Beschlüsse und Resolutionen nicht weiter, wenn die Zukunft eines so traditionsreichen Hauses durch einen unklugen Baustopp aufs Spiel gesetzt wird.
Barrie Koskys Empörung ist nur zu gut zu verstehen. Denn es ist offensichtlich, dass auch ein hochprofessionelles und durch viele Preise geehrtes Ensemble nur zusammenbleibt, wenn die nötigen Bedingungen für seine Arbeit erhalten bleiben. Die gehen aber jetzt offenbar verloren – und damit verliert auch Berlin seinen eminent wichtigen kulturellen Stellenwert und solche Abende, wie sie Kosky beispielsweise mit seinen jiddischen Operettenliedern möglich gemacht hat.
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