In den aktuellen Polen-Analysen des Deutschen Polen-Institut findet sich ein aufschlussreicher Beitrag von Prof. Dr. Stefan Garsztecki, Politologe und Historiker an der TU Chemnitz. Unter der Überschrift Geschichtspolitik und kollektives Gedächtnis beschreibt er den Versuch der Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), das Bild der polnischen Geschichte in ihrem Sinn zu verändern.
Den Stellenwert einer verantwortlichen Geschichtspolitik belegt die vorwiegend von den USA im Nachkriegsdeutschland betriebene Reeducation, die in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik mit eher einem kommunikativen Beschweigen (Peter Reichel) beantwortet wurde.
In Polen forderte 1989 die erste demokratische Regierung einen dicken Schlussstrich unter die Zeit des kommunistischen Polens, dem aber erst ab 1997 Beschlüsse zur Aufarbeitung von damals geschehenem Unrecht folgten. Die spätere Geschichtspolitik der PiS konnte an dem großen Interesse für Geschichte in Polen anknüpfen. Es resultiert einmal aus der Erinnerung an Polens Staatenlosigkeit nach den drei polnischen Teilungen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges und zum anderen aus dem Selbstverständnis der polnischen Opferrolle in der Geschichte.
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Wichtige Anlässe für die weitere Diskussion auf diesem Feld waren das Buch von Tomasz Gross Nachbarn zu dem Pogrom in Jedwabne 1941, die Gründung des Zentrums Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland. Dazu kamen die kritische Betrachtung des Runden Tisches in Polen 1989 und eine von Stolz bestimmte neue polnische Geschichtserzählung, die gerade nach der aufwendigen Feier 2005 in Moskau zum Ende des Zweiten Weltkrieges weiteren Auftrieb erhielt.
Zur Festigung eines neuen Narrativs der polnischen Geschichte folgten zahlreiche Neugründungen von Museen und Instituten, die die Liebe zum polnischen Vaterland und die Anerkennung seines Kulturerbes stärken sollten. Auch die Produktion von historischen Filmen wurde beschlossen, die seit 2018 zunehmend im Programm des staatlichen Fernsehens TVP erscheinen.
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Besondere Aufmerksamkeit in der Erinnerung gilt dem Warschauer Aufstand von 1944, dessen heroischer Widerstand unkritisch betont wird, und den Nachfolgern der Armia Krajowa (AK) im Nachkriegspolen, die bis in die fünfziger Jahre im Untergrund gegen die kommunistische Regierung kämpften.
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Auch in die Inhalte von bereits bestehenden Museen wir dabei eingegriffen, wie beispielsweise beim Museum des Zweiten Weltkriegs in Gdansk und beim Museum der Geschichte der polnischen Juden (POLIN) in Warschau. Hier gründete man ein Konkurrenzunternehmen mit dem Museum des Warschauer Ghettos.
Insgesamt bemängelt Garsztecki die politischen Eingriffe der derzeitigen von der PiS gestellten Regierung in die Arbeit von Historikern und die Präsentation einer zu glatten Geschichtserzählung. Das geschieht zu Lasten einer notwendig differenzierten und vielseitigen Geschichtsbetrachtung und -vermittlung.
Hier der vollständige Artikel .
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Ein Gedanke zu „Wie heute Geschichte in Polen erzählt wird . . .“
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