Bis zum 24.November 2024 gab es Gelegenheit, eine klug kuratierte Ausstellung zur Provenienzforschung zu besichtigen. Das Brücke-Museum hatte sie gestaltet und dabei auf etliche Bilder aus eigenem Bestand zurückgreifen können. Gleichzeitig stellte das Museum einen Kreis von großbürgerlichen Kunstsammlern und Kunstsammlerinnen vor, die zu ihrer Zeit – oft in engem Austausch mit den Künstlern – beachtliche Sammlungen zusammengestellt hatten.
Diese Kunstwerke verschwanden aber nicht in Schließfächern oder ausschließlich privaten Räumen und dienten keiner Vermögensbildung. Sie wurden gern dem an Kunst interessierten Publikum zugänglich gemacht und auf Ausstellungen gezeigt. Eine Welt, die abrupt nach 1933 zerbrach. Die Sammlungen wurden vom NS-Regime geraubt und dann in alle Winde verstreut.
Das Brücke Museum ist jetzt diesen kunstbegeisterten Menschen und ihren Bildern nachgegangen. Dazu gehören
Rosy Fischer,
Max Osborne,
Rosa Schapire,
Elsa Glaser,
Viktor Wallerstein,
Hugo Simon
Walther und Hans Heymann,
Rosy Fischer (1869 Frankfurt – 1926 Kairo) sammelte mit ihrem Mann Ludwig bevorzugt Expressionisten wie Ernst Luwig Kirchner und Schmidt-Rotluff. Nach dem Tod ihres Mannes eröffnete sie mit diesen Bildern in Frankfurt/ M. eine Galerie.
Unter wirtschaftlichen Zwang verkaufte sie nach der Inflation schließlich einen Teil der Bilder an das Museum für Kunst und Kunstgewerbe in Halle (Saale). Die anderen Bilder konnten ihre beiden Söhne teilweise mit in die Emigration in die USA nehmen. Verschiedene Bilder sind bis heute nicht wieder aufgetaucht.
Nach Halle verkauft wurde das Bild nach 1933 als „Entartet“ beschlagnahmt und 1939 auf einer Auktion in Luzern verkauft.
1966 erwarb das Brücke Museum das Bild aus Galeriebesitz.
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Max Osborn (10.2.1870 Köln – 14.9.1946 New York) stammte aus einer rheinischen Bankiersfamilie. Er war als Kunsthistoriker, Journalist und Autor im Berliner Kulturleben wohl bekannt. Ebenso seine Wohnung, in der sich führende Köpfe aus Kultur und Zeitgeschichte der Zwanziger Jahre bei den monatlichen Empfängen trafen. Er hat vielen Künstlern wie Max Pechstein und Irma Stern den Weg geebnet, in seiner Kunstsammlung fanden sich zahlreiche Bilder von Slevogt, Pechstein und Liebermann, seine Bibliothek war umfangreich. Auch in einer Anzahl von Galerien und Museen bekleidete er wichtige Ämter.
Auf dem Bild finden sich die Unterschriften zahlreicher bekannter Persönlichkeiten.
Nach der Machtergreifung des NS-Regimes verlor er seine Anstellung beim Ullstein-Verlag. In den Folgejahren engagierte er sich weiter für das Kulturleben der jüdischen Community und emigrierte schließlich September 1938 mit seiner Frau über Frankreich und Portugal in die USA. Sein ganzer Besitz in Deutschland wurde dann beschlagnahmt. Im Exil war er weiterhin umfangreich als Journalist bis zu seinem Tod 1946 tätig.
Rosa Schapire (9.9.1874 Brody / Galizien – 1.2.54 London) stammt aus einer jüdischen Familie in Galizien. Früh interessierte sie sich bereits für moderne Kunst, studierte an verschiedenen Universitäten Kunstgeschichte und wurde in Heidelberg promoviert. Als freie Kunsthistorikerin in Hamburg publizierte und übersetzte sie viel, vermittelte Künstlern Ausstellungen und Sammler. Dabei lernte sie durch einen Zufall die Maler der Brücke kennen und schätzen. Es entstand eine enge Zusammenarbeit, insbesondere mit Karl Schmidt-Rotluff. Zahlreiche ihr gewidmete Arbeiten zeugen davon.
So baute Schmidt-Rotluff ihr Möbel und bemalte sie auch. Sie fertigte das Verzeichnis seiner Druckgraphiken, das heute noch gültig ist. Daneben entstand ihre persönliche umfangreiche Sammlung aus Bildern und Graphiken.
1937 wurde sie unter Hausarrest gestellt, 1939 konnte sie schließlich wenige Tage vor Kriegsbeginn nach England fliehen. Mit Hilfe von Freunden gelang es ihr dabei, 500 Werke ihrer Sammlung ins Exil zu retten. Von den Bildern trennte sie sich auch während finanzieller Notlagen nicht. Nach Ihrem Tod 1954 kümmerten sich Freunde um die Nachlassverwaltung. Teile der Sammlung gingen an verschiedene deutsche Museen, aber auch nach Israel und England. Über die Galerie des 20. Jahrhunderts erhielt das Brücke Museum 51 Werke.
Brücke Museum.
Elsa Glaser (7.05.1878 Breslau – 10.07.1932 Berlin) baute mit Mann Curt eine beachtete Kunstsammlung auf. In ihrer Berliner Wohnung in der Prinz-Albrecht-Str. 8 (dem späteren Sitz des Reichssicherheitshauptamtes) führte sie einen bekannten Salon, in dem sich viele Künstler und Museumsleute einfanden.
Auch sonst ging sie ihren weitgespannten Interessen an Kunst und Weltkulturen nach. Nachdem sie 1932 gestorben war, emigrierte ihr Mann 1933 nach den USA. Vorher hatte er noch ihre Kunstsammlung auf Auktionen in Berlin verkaufen können.
Max Pechstein. Knieende, 1915. Diese Karte hat der Künstler für Elsa Glaser entworfen und ihr aus Manila geschickt. Sie hat Curt Glaser ins Exil begleitet und ist dann 1982 aus dem Nachlass seiner zweiten Frau bei Christie´s in New York verkauft worden. Das Brücke Museum erwarb sie 1982 aus Galeriebesitz.
Victor Wallerstein (21.4.1878 Prag – 23.7.1944 Florenz) stammt aus einer Prager Familie und ging bereits früh seinem Interesse für die bildenden Künste in Berlin nach. Dort gründete er 1921 auch nach Abschluss seines Kunstgeschichte- und Philosophiestudiums zusammen mit Fritz Goldschmidt eine Galerie.
Erst für die Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts, dann aber auch für die Moderne. Wallerstein war in diesem Zusammenhang auch mit vielen Künstlern befreundet.
Museum im Kunstspeicher Würzburg.
1934 wurde die Galerie unter dem Druck des NS-Regimes geschlossen. 1935 Starb sein Partner Fritz Goldschmidt. 1936 emigrierte Wallerstein mit seiner Fau Vera nach Florenz. Dabei konnte er nur wenige seiner Bilder mitnehmen. Auch die musste er schließlich aus finanzieller Not verkaufen.
Von dort erwirbt es 1973 das Brücke Museum.
Hugo Simon (1.9.1880 Usch / Posen – 4.7.1950 São Paulo) hatte viele Begabungen und viele Interesen, ob als Landwirt und als erfolgreicher Bankier oder als Kunstsammler und Mäzen. In den Revolutionswirren nach dem Ersten Weltkrieg war er sogar Finanzminister für kurze Zeit. Außerdem war er Pazifist und den Sozialisten zugeneigt. In den Zwanziger Jahren baute er eine angesehene Kunstsammlung auf. Er führte ein offenes Haus und zählte Künstler, Politiker und Wissenschaftler zu seinen Gästen.
Nach der Machtergreifung des NS-Regimes ging er bereits im Frühjahr 1933 nach Frankreich ins Exil. Dort fasste er wieder schnell Fuß im Bankwesen, unterstützte auch andere Exilanten, musste dann aber weiter über Portugal nach Brasilien fliehen und blieb auch dort nicht unbehelligt. Schließlich beschäftigte er sich dort mit der Seidenraupenzucht. Nach dem Krieg bemühte er sich sehr, seine Kunstsammlung und seine Staatsbürgerschaft zurück zu erlangen. Beides gelang ihm nicht bis zu seinem Tode 1950 in in São Paulo.
In Frankreich war das Bild noch im Besitz von H.S. Er verlieh es 1939 an die New Burlington Galleries nach London, danach kehrte es für eine Ausstellung nach Paris zurück und verschwand anschließend. Erst 1966 tauchte es im Palais de Tokyo in Paris wieder auf und wurde schließlich an die Familie zurückgegeben.
Die Brüder Walther (19.5.1882 Königsberg – 9.1.1915 gefallen bei Soissons) und Hans Heymann (26.5.1885 Königsberg – 1.10.1949 Champaign, Illinois) stammen aus einer gutbürgerlichen Königsberger Familie. Der Vater war Getreidehändler, die Mutter eine Konzertpianistin
. Walther widmete sich bald nach seinem Jurastudium der Schriftstellerei. Er verehrte Max Pechsteins Werk und begründete die enge Verbindung beider Familien. Als Freiwilliger fiel er im Ersten Weltkrieg in Frankreich. Ein posthum erschienenes Buch beschäftigt sich mit Pechsteins Malerei.
Nach seinem Tod setzte Hans Heymann diese Aufgabe fort und baute eine große Sammlung von Pechsteins Werken auf.
Dieses Bild bot Hans Heymann selbst 1923 dem Kunsthaus Zürich zum Kauf an.
Später gelangte es als Schenkung des Sammlers Emil Mauser ins Kunsthaus Zürich.
Beruflich war er nach einem Jura-, Volkswirtschafts- und Philosphiestudium im Versicherungswesen tätig. Mit innovativen Vorschlägen war er auch in der Politik gefragt. So beriet er den Reichsaußenminister Rathenau auf der Konferenz von Genua 1922. Die später gegründete Bank für internationalen Zahlungsausgleich geht auf seinen Vorschlag zurück.
Aus Privatbesitz der Familie Heymann.
Nach 1933 konnte er seine Arbeit bald nicht mehr fortsetzen und emigrierte deshalb mit seiner Familie nach den USA.
Aus Privatbesitz der Familie Heymann.
Seinen ganzen Besitz, darunter auch die „Walther Heymann Gedächtnissammlung“ mit zahlreichen Bildern Max Pechsteins lagerte er bei einer Spedition ein. Alles wurde später von den Nationalsozialisten beschlagnahmt.
Pechsteins Bilder sind bis heute nicht wieder aufgetaucht, obwohl Hans Heymann Jr. und Pechsteins Familie weiterhin nach ihr auf der Suche sind.
Hans Heymann Jr, seine Schwiegertochter Barbara, Sohn Max K. Pechstein und seine Partnerin Leonie von Rüxleben. Ca. 1999.
Die hier gezeigten Abbildungen stammen aus der o.g. Ausstellung.
red-