Nur ein Porzellanelefant blieb zurück.

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Selma Meerbaum-Eisinger war eine junge jüdische Dichterin, die als Verfolgte des Naziregimes in einem rumänischen Zwangsarbeitslager starb. Nach ihr ist das Meerbaumhaus im Berliner Hansaviertel benannt Dort stellt am 6. Oktober Andreas Lorenz, Journalist und ehemaliger SPIEGEL-Korrespondent, auf Einladung von Gleis 69 e.V. sein Buch „Nach dem Osten mit unbekanntem Ziel. Großvater Hugo, eine Spurensuche“ vor. Er zeichnet darin die Lebensgeschichte seines Großvaters Hugo Lewandowski nach, der als Jude ebenfalls Opfer des Naziregimes wurde.

Andreas Lorenz bei der Vorstellung seines Buches über den Großvater Lewandowski. TAL


Der Autor erzählt, dass er bis vor Kurzem selbst nicht viel über das Leben seines Großvaters gewusst habe. Mit den Fragen seines Sohnes und seiner Enkel konfrontiert, die mehr über ihre Ahnen erfahren wollten, begann Lorenz jedoch mit den Recherchen, aus denen schließlich das Buch entstand.
In Kulm (Westpreußen) 1883 geboren, war Hugo Lewandowski Lorenz zufolge ein wohlhabender Kaufmann gewesen. Aufgrund der im Dritten Reich verhängten antisemitischen Rassegesetze musste er jedoch seine Fabrik in Königberg (heute Kaliningrad, Russland) unter Wert an Nationalsozialisten verkaufen. Mit den
50 000 Reichsmark, die Hugo Lewandowski als Erlös für seine Firma erhalten hatte, hätte er eigentlich, so Lorenz, mit seinen beiden Kindern ins Ausland reisen und sich vor den Nazis in Sicherheit bringen können. Denn 1934 hatte er bereits durch den frühen Tod seiner christlichen Ehefrau den Schutzstatus der sogenannten Mischehe verloren. Doch offenbar schätzte Lewandowski die Gefahr falsch ein und zog 1937, so Lorenz, „mitten in die Höhle des Löwen“: nach Berlin. Lorenz zufolge war das gar nicht so ungewöhnlich: Denn nicht wenige Juden zogen in der Zeit ihrer Verfolgung nach Berlin, wohl auch, weil sie sich von den ausländischen Konsulaten dort Schutz erhofften.

Buchvorstellung im Meerbaumhaus am 6. Oktober 2021. l-k


In Berlin kaufte Hugo Lewandowski eine Tabakhandlung und konnte sich so wieder eine Existenz als Kaufmann aufbauen. Diese wurde jedoch mit der Reichspogromnacht am 09./10. November 1938, bei der auch sein Geschäft zerstört wurde, zunichte gemacht. Lewandowski musste wenig später Zwangsarbeit in einem Rüstungskonzern leisten. Wie Lorenz bei seinen Recherchen herausgefunden hat, war der Chef dieses Konzerns kein Nationalsozialist und ließ auch viele sozialdemokratische und kommunistische Widerständler unbehelligt bei sich arbeiten. Als Jude wurde Hugo Lewandowski aber 1943 nach Auschwitz deportiert. Dort wurde er vermutlich sofort in eine Gaskammer geschickt. Für diese Vermutung spricht, dass Lorenz, der auch die Stätte des ehemaligen Vernichtungslagers in Auschwitz besuchte, keine Häftlingsnummer oder andere Informationen über seinen Verbleib auffinden konnte. Hugos Schwester Erna war bereits mit einem der ersten Osttransporte in das Ghetto Litzmannstadt (heute Łódź) deportiert worden und gelangte später ebenfalls in das Vernichtungslager Auschwitz.
Obwohl Hugo Lewandowski 1952 für tot erklärt wurde, war es für seine Kinder nicht einfach, Entschädigungszahlungen zu bekommen. Sie konnten lange nicht beweisen, dass sie und ihr Vater während des Naziregimes verfolgt worden waren. Erst 1969 erhielten sie eine Entschädigung.

Der Porzellanelefant. l-k


Den Besuchern zeigt Lorenz am Ende noch etwas Besonderes: Einen Porzellanelefanten mit bunter Bemalung. Laut Familienüberlieferung hatte sein Großvater den Elefanten einmal für seine Frau gekauft. Er ist mit Ausnahme der Dokumente eines der wenigen Dinge, die vom Leben Hugo Lewandowskis erhalten geblieben sind.
l-k

Andreas Lorenz. Nach dem Osten mit unbekanntem Ziel. Großvater Hugo, eine Spurensuche. Lukas Verlag. Berlin 2021.

Am 18.10 2020 findet sich im Berlinteil des Tagesspiegel ein ausführlicher Beitrag von Andreas Austilat, der auch umfangreich auf die Fotos des o.g. Buches zurückgreifen kann.