Vom jüdischen Leben in Lychen ist nur der Friedhof geblieben. Wie auch in Templin und Zehdenick sind die Gemeinden um 1900 durch Wegzug weitgehend verschwunden. Die letzten verbliebenen Familien fielen dann dem Holokaust zum Opfer.
Auf der Website der Chewra Kadischa im Land Brandenburg findet sich ein Eintrag zum Jüdischen Friedhof in Lychen:
Die uckermärkische Kleinstadt besitzt einen ungewöhnlich sorgfältig gepflegten jüdischen Friedhof. Hat man die Feuerwache gefunden, ist der Bestattungsplatz f nicht weit, denn er liegt zwischen Feuerwache und dem Seeufer des Oberpfuhl. Im Grundbuch heißt es seit 1884 zur Lagebeschreibung »Rechts der Landstraße nach Prenzlau«. Die fast kreisrunde Anlage befindet sich auf einem kleinen Hügel, dessen Fuß mit Feldsteinen eingefasst ist. Durch Treppenaufgänge erreicht man eine liebevoll gärtnerisch gestaltete Fläche, auf der leider keine Grabstelle mehr zu sehen ist. Neben einer alten Eiche in der Mitte steht ein Findling mit Gedenktafel und folgender Inschrift: Dem Gedenken der hier ruhenden jüdischen Menschen deren Grabstätten von den Faschisten 1938-1945 geschändet wurden. DieToten mahnen uns!
Diese Tafel war 1970 im Auftrag der Jüdischen Landesgemeinde Mecklenburg angefertigt worden.
1942 scheiterte ein erster Versuch zum zwangsweisen Verkauf des Friedhofes für rund 100,- RM am Bürgermeister, der Kosten für »Instandsetzung« von 1.118,12 RM forderte. Die Bürokratie ließ sich Zeit. Auf Drängen der Gestapo kam 1944 im zweiten Anlauf endlich ein Kaufvertragsentwurf mit einem Kaufpreis von 210,-RM zustande. An die Stelle der jüdischen Gemeinde und der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland war zu diesem Zeitpunkt die berüchtigte »Vermögensverwertungsstelle« des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg getreten. Auch diesmal machte der Bürgermeister Gegenforderungen in Höhe von 423,34 RM geltend, »für Aufräumungsarbeiten am zerstörten Judenfriedhof«. Er verwies auf seine diesbezüglichen Berichte vom 11. Februar 1943 an den Landrat in Templin und vom 22. Februar 1944 an die Staatspolizeistelle Potsdam. Jene Berichte sind nicht überliefert. Wegen der Hoffnung des Bürgermeisters aus dem Verkauf des jüdischen Friedhofes noch eine Art Kostenerstattung zu erzwingen, kam es trotz mehrfachen Mahnens bis Kriegsende nicht mehr zur Unterschrift unter den Vertrag.
Die Stadt Lychen ist sich der Bedeutung des »Guten Ortes« für ihr Ansehen im In- und Ausland bewusst. Das gepflegte Hügelchen wirkt mit seinen Blumenrabatten, die zwar die Unkenntnis über jüdisches Brauchtum verraten, und seinen einladenden Sitzbänken optisch wie eine bestens gelungene kommunale Parkanlage. Erfreulich, dass eine neuere Informationstafel Angaben zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde vermittelt.
Bei dem Agieren des Bürgermeisters im Dritten Reich wird nicht ganz klar, ob er den „Guten Ort“ schützen oder nur trickreich die Stadtkasse aufbessern wollte.
Immerhin ist der Ort des Alten Jüdischen Friedhof heute gut auffindbar und gepflegt.
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