Hier finden sich weitere Fotos, ein tabellarischer Lebenslauf, Angaben zu Quellen, eine Bibliographie und weitere Links.
Bilder und Fotos
Lebenslauf, tabellarisch und ausführlich
MAX LIEBERMANN I Maler und Grafiker (1847-1935)
1847 Max Liebermann wird am 20. Juli in der Burgstraße 29 in Berlin-Mitte als drittes Kind des jüdischen Textilfabrikanten Louis Liebermann geboren.
1859 Vater Louis kauft das Haus am Pariser Platz 7.
1866 Abitur am Friedrichswerderschen Gymnasium. Auf Wunsch der Eltern Immatrikulation in Chemie an Philosophischer Fakultät der Berliner Universität. Max nimmt an keiner Vorlesung teil, anstelle Ausritte im Tiergarten, Pferdeanatomische Studien; Zeichenunterricht bei Carl Steffeck.
1868 Exmatrikulation wegen „Studienunfleiß“.
1869 -1872 Studium an der Kunstakademie Weimar.
1870 Kurze Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg als Sanitätsfreiwilliger; Kriegsbilder findet er entsetzlich; hatte diese sich anders vorgestellt oder gar nicht
1873 Umzug nach Paris: künstlerischer Einfluss durch Jean-Francois Millet und Stil von Frans Hals. Naturalistische Werke mit sozialer Thematik entstehen.
1874 Mit „Gänserupferinnen“ erster Achtungserfolg auf „Pariser Salon“
1874 – 1914 Jährliche Sommerreisen nach Holland; 1877 „Badende Knaben“
1878 Umzug nach München; Kontakt Künstlerkreis Wilhelm Leibl. Motive einfacher Bauern und Handwerker bringen ihm Ruf „Armeleutemaler“ ein.
1883 Gründung der Deutschen Edison-Gesellschaft (ab 1887 AEG) durch Familienmitglied Emil Rathenau.
1884 Rückkehr nach Berlin und Heirat mit Martha Mackwald. Ehe dauert über 50 Jahre. 1885 Geburt der Tochter Käthe (die bei Heirat zum Katholizismus übertritt).
1889 Weltausstellung in Paris anlässlich des 100. Jahrestag der frz. Revolution wird durch Reichsregierung boykottiert; Liebermann gelingt es, Pavillon mit Werken deutscher Gegenwartskünstler zu eröffnen.
Annahme des Titels „Ritter der frz. Ehrenlegion“ wird ihm aus politischen Gründen untersagt.
1894 Tod des Vaters; als Millionenerbe erbt Max u.a. Haus am Pariser Platz.
1897 anlässlich 50. Geburtstag erhält er lang ersehnte „Große Goldene Medaille“ und wird Professor (ohne Lehramt) der Kgl. Akademie der Künste.
1899 Wahl zum Präsidenten Künstlervereinigung Berliner Sezession, die sich gegen Bürokratisierung und Willkür (Wilhelm II., Anton von Werner) bei den offiziellen Kunstausstellungen wendet. Mit Lovis Corinth und Max Slevogt sind sie „Dreigestirn“ des so genannten Deutschen Impressionismus.
1909/1910 Bau der Liebermann-Villa in Wannsee; 1917 Geburt Enkelin Maria
1920-1932 Präsident der Preußischen Akademie der Künste
1927 Ehrenbürger Berlins; er porträtiert Reichspäsident von Hindenburg.
1933 Als Jude erhält er von den Nationalsozialisten Arbeitsverbot; Bilder jüdischer Künstler dürfen nicht mehr ausgestellt werden. Austritt aus der Akademie.
Am 8. Februar 1935 stirbt er verbittert am Pariser Platz 7. Er wird im Familiengrab auf dem Friedhof an der Schönhauser Allee beigesetzt; nur wenige Weggefährten haben den Mut (u.a. Käthe Kollwitz und Ferdinand Sauerbruch), trotz Gestapo-Verbot, anwesend zu sein.
MAX LIEBERMANN
Max Liebermann war einer der zentralen Persönlichkeiten der deutschen Kunst in der Kaiserzeit und der Weimarer Republik. Sein Schaffen steht symbolisch für den Übergang von der Kunst des 19. Jahrhunderts hin zur Klassischen Moderne. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus. Als jüdischer Bürger, als Maler aber auch als streitbarer Geist für die Kunst seiner Zeit wurde er zu einem der Repräsentanten der deutschen Judenheit. Die Tatsache, Jude zu sein, hat ihn sein Leben lang begleitet, nannte er sich selbst einen „eingefleischten Juden“, der sich im übrigen als Deutscher fühlt“, ohne kaisertreu oder staatsgläubig zu sein. Sein Judentum hat er nie verleugnet, Übertritte zum Christentum kamen in der großen Familie Liebermann nur mit wenigen Ausnahmen vor.
Als Nachfahre des in Märkisch-Friedland (Westpreußen) lebenden „Bendix“ (1710 – 1770) und Urenkel des Liebermann Bendix („Liebermann“ wird 1812 offizieller Familienname) wurde er 1847 in angenehmste materielle Verhältnisse in Berlin geboren. Er und seine drei Geschwister gehörten zur ersten Generation „Liebermann“, die von Geburt an Berliner Bürger waren. Seine Sprache war berlinerisch, unsentimental, kräftig, sinnlich. So war er stolz, sowohl einer großen etablierten jüdischen Familie anzugehören als auch auf das, was seine Vorfahren – vor allem als Textilunternehmer – materiell erreicht hatten. Ermöglichte ihm dies doch schlussendlich, ein freies Künstlerleben zu führen.
1859 zieht die „Millionärs“-Familie in das bekannte Stadthaus am Pariser Platz 7 („Wenn ’se nach Berlin reinkommen, gleich links“), so dass Max schon mit zwölf die Natur des Tiergartens studieren kann.
Der Tiergarten bleibt sein bevorzugtes Wohnumfeld, so auch zu Beginn seiner über 50jährigen guten Ehe mit Martha Mackwald in der Beethovenstraße und In den Zelten 11. Hier genießen beide auch das Salonleben der Familie Bernstein gegenüber, wo in- und ausländische Gäste (u.a. auch Max Klinger oder Hugo von Tschudi) sich die Klinke in die Hand geben.
Er erhält frühzeitig Malunterricht bei Eduard Holbein und Karl Steffeck und setzt gegen den Willen seines Vaters durch, Künstler zu werden. So zieht es ihn zur Ausbildung nach Weimar, wo er zum Abschluss des Studiums mit dem Gemälde „Gänserupferinnen“ (heute im Besitz der Nationalgalerie) sein großes Talent beweist, gleichzeitig aber für einen Skandal sorgt, da die angeblich abschreckende Hässlichkeit des Bildes im Gegensatz zur offiziellen Kunstauffassung steht. Auch Adolf Menzel bewundert das Werk bei einem Treffen in der Sigismundstraße – allerdings mit den Worten „Ihr Vater sollte Ihnen die Hosen vollklopfen, denn so etwas malt man mit fünfzig, nicht aber in Ihrem Alter!“ Später wird er über ihn sagen, „…er habe sein Talent zur Hure gemacht.“
Paris, Barbizon, Venedig und München werden die wesentlichen Stationen seiner „Wanderjahre“. Durch die Beschäftigung mit den französischen Impressionisten findet er seit 1880 zu einer lichten Farbigkeit und einem schwungvollen Farbauftrag, der sein Hauptwerk prägt. Von den holländischen Strand-, Terrassen- bis hin zu WannseeVillen-Bildern.
Über vierzig Jahre zieht es Max Liebermann zu Studien (allein oder mit Frau und Kind) nach Holland. Es wird seine Stil prägende kreative zweite Heimat. Auch Vincent van Gogh versucht ihn dort zu treffen, findet – insbesondere seine naturalistischen Gemälde -„wundervoll“.
München und Paris trauert er nicht nach, denn sie inspirieren ihn nicht – letztendlich auch nicht Berlin. Er betrachtet die Städte als Verkaufsmärkte, die sein Werk verbreiten und ihm zu Ruhm und Berühmtheit verhelfen. Über seine Geburtsstadt Berlin äußert er sich nach den lang ersehnten offiziellen ersten Ehrungen (die er auch für seine Eltern erhalten wollte) Ende der 80iger Jahre spöttisch: „Ich bin mit meinen Lebensgewohnheiten der vollkommenste Bourgeois, ich esse, trinke, schlafe, gehe spazieren und arbeite mit der Regelmäßigkeit einer Turmuhr. Ich wohne in dem Haus meiner Eltern, wo ich die Kindheit verlebt habe und es würde mir schwer fallen, wenn ich woanders wohnen sollte. Auch ziehe ich Berlin jeder anderen Stadt als bleibenden Wohnsitz vor“.
Mit hoher Durchsetzungskraft erreicht er – gegen den Willen des Kaisers!, der gerne die beiden Palais zu Seiten des Tores abreißen würde um das Brandenburger Tor frei zu stellen – den spektakulären Glasaufbau seines Ateliers am Pariser Platz; Zitat: „…..sagen Se Seine Majestät ruhig: Nur mit den Füßen voran verließe der Liebermann sein Haus.“
Die fortschreitende Industriealisierung nach 1871 und der Umbruch der Gesellschaft lassen in Berlin reiche Bürger entstehen, die sich gerne mit Kunstwerken umgeben. Fritz Gurlitt und Wilhelm von Bode sind die ersten Privatsammler, die seine Werke – insbesondere die mit den freundlicheren Farben – erstehen; aber auch Mitglieder seiner wohlhabenden Familie oder befreundete Künstler, die Kunst als Tauschobjekt sehen. Die Gebrüder Paul und Bruno Cassirer eröffnen ihre Kunsthandlung mit Werken von Liebermann und Degas in den von Henry van de Velde gestalteten Räumen in der Viktoriastraße nahe dem Kemperplatz. Das Geschäft mit der Kunst Liebermanns „brummt“. Auch die Porträtkunst wird immer populärer, wer etwas auf sich zählt und es sich leisten kann, lässt sich von Liebermann malen. Sogar Reichspräsident Paul von Hindenburg lässt sich porträtieren, sehr zum Unwillen der Nationalsozialisten, dass ein Jude ihn male.
Die öffentliche Kunstszene ist Ende des 19. Jahrhunderts zum großen Teil vom Urteil Wilhelms des II. und „seinem“ Kunstpolitiker Anton von Werner abhängig; soll eine Mission erfüllen und die Masse des einfachen Volkes ansprechen, erzieherisch wirken, Ideale pflegen. Sogenannte
Spannungen und Meinungsverschiedenheiten sind Grund für Maler wie Liebermann, Leistikow, Corinth, Slevogt oder Lesser Ury, sich in der Gegenbewegung „Sezession“ zusammenzuschließen.
1898 wird Liebermann mit der Autorität eines gut 50jährigen anerkannten Künstlers für viele Jahre ihr Präsident. Dabei geht es Liebermann immer um die Freiheit des Künstlers, sein Schaffen selber zu bestimmen und die Kunst weder der Politik noch einer Weltanschauung zu unterwerfen. Sein jüdisches Selbstbewusstsein drückte er u.a. einmal so aus: „Wissen Se, das mit dem Antisemitismus wird erst was, wenn’s die Juden selbst in die Hand nehmen“.
Trotz oder auch vielleicht wegen seines vehementen Eintretens für die künstlerische Moderne wird er 1898 (-1933) Mitglied der Akademie der Künste und erhält damit die höchsten Ehren, die einem Künstler zu dieser Zeit zuerkannt werden kann. 1917, anlässlich seines 70. Geburtstages, widmet die Akademie ihm eine große Retrospektive, 1920 (-1932) wird er zum Präsidenten der Akademie gewählt. Er vertritt eine humanistisch-liberale Linie. Ehrungen aus dem In- und Ausland sind nun an der „Jahresordnung“. Er selbst findet den Schritt in dieses Amt zu diesem Zeitpunkt fast tollkühn, sind doch die „Scheiterhaufen für unsere Glaubensbrüder schon aufgerichtet“.
Ruhe und Entspannung findet er bei all den fordernden Aufgaben in den Sommermonaten gemeinsam mit Martha in seiner 1910 erworbenen Villa am Wannsee.
Als Repräsentant der Republik und Jude verließ er 1933 angesichts der Gleichschaltungspolitik der Nationalsozialisten die Akademie. Er zog sich aus der Öffentlichkeit zurück, während kaum einer seiner Weggefährten ihm beistand und die Treue hielt. Einzig Käthe Kollwitz suchte noch Zugang zu ihm. 1934 entstand ein letztes Selbstbildnis. Einem seiner letzten Besucher gestand Liebermann: „Ich lebe nur noch aus Hass, ich kann janich so viel fressen, wie ich kotzen möchte!“. Ich schaue nicht mehr aus dem Fenster dieser Zimmer am Brandenburger Tor – ich will die neue Welt um mich herum nicht sehen.“
Am 8. Februar 1935 stirbt er in seinem Haus am Pariser Platz. Die Emigration war für ihn nie ein Thema.
Seine Frau Martha folgt ihm nach tiefen Demütigungen, Judenbann und Enteignungen durch die Nationalsozialisten am 10. März 1943. Sie stirbt an einer Überdosis Schlaftabletten im Jüdischen Krankenhaus.
Mit Max Liebermann endet die 200jährige Geschichte einer deutsch-jüdischen Familie, die das Gesicht Preußens und Berlins mitgeprägt hat.
Weitere Texte
Das Tiergartenviertel und die Familie Liebermann
Tiergartenstraße 16
Adolph Ritter Liebermann von Wallendorf, Onkel von Max, hatte sich früh aus den Geschäften zurückgezogen und lebte als Privatier und Kunstsammler in einer prachtvollen Neorenaissance-Villa in der Tiergartenstraße 16. Er hatte das berühmte Menzelsche Bild „Eisenwalzwerk“ erstanden, das als Berliner Sensation galt, u.a. weil es durch die Farb- und Lichtspiele impressionistisch anmutete, als auch weil es die Zentralstätte der aufsteigenden Industrie zeigte. Es erlebte großen Zulauf von zahlreichen Verwandten und In- und ausländischen Prominenz, u.a. Kronprinz Wilhelm und seiner englischen Gemahlin. Nach dem Tod seiner Frau gingen die Geschäfte nicht mehr so gut und sein Bruder Benjamin Liebermann kauft ihm die Villa ab.
In der Villa, die Jahrzehnte den Liebermanns und Reichenheims gehört hatte, wird einige Jahre nach dem Tod der Fanny Reichenheim, geb.Liebermann, 1923 der „Reichsverband der Deutschen Presse“ mit dem Presseklub untergebracht. Hitler, Göring und Göbbels gehen ein und aus, bis die Villa im Krieg zerstört wird.
Bendlerstraße – 1938 entsteht hier das allgemeine Heeresamt – Bendlerblock l da mussten die Bewohner weichen, die jüdischen sowieso. Komfortable Villen mit warmen Wasser (!) entlang der Straße entstanden 1855-1907.
Max Liebermann wohnt einige Jahre in Nr. 9; Bruder Felix und Cecilie Liebermann wohnten hier viele Jahre in der Nachbarschaft vieler Bekannter und Verwandter. So u.a. Schriftstellerin Fanny Lewald, Oscar Rathenau und Familie, Künstler Reinhold Begas oder auch Anton von Werner.
Kaiserin-Augusta-Straße l heute Köbisstrasse
1892 starb Liebermanns geliebte Mutter Pine Haller, er zog mit der Familie ins Elternhaus Pariser Platz 7. Doch bevor dort sein Atelier fertig wurde, arbeitete er mehrere Jahre in der Kaiserin-Augusta-Straße und der Bismarckstrasse nahe der Potsdamer Brücke.
Matthäikirchstraße 29
Cousin Carl Theodor Liebermann lebt bis Ende seines Lebens 1914 in der Matthäikirchstrasse 29.
Corneliusstraße
Max verkehrt häufig im Salon der Emma Dohme. Hier trifft er auf Maler der Secession ebenso die Museumsdirektoren Hugo von Tschudi oder Wilhelm von Bode und Walter Rathenau.
Graf-Spee-Straße
Hier verbringt Martha Liebermann ihre letzten Lebensjahre nach dem Tod von Max.
Sie musste den Pariser Platz 7 im Dezember 1938 verlassen, da das Zentrum um das Brandenburger Tor mit dem „Judenbann“ belegt wurde.
Quellen
„Max Liebermann – Eine Biografie“ I Dietrich Gronau, Fischer Taschenbuch Verlag
„Wir sind die Liebermanns“ I Regina Scheer, List Taschenbuch im Ulstein-Buchverlag
„Max Liebermann“ I Chana Schütz, Hentrich & Hentrich
Links
Wikipedia – Max Liebermann
dhm.de/lemo/biografie/max-liebermann
liebermann-villa.de/biografie-max-liebermann
parlament-Berlin.de