Wahre oder instrumentalisierte Geschichte?

ulica Zydowska in Brzostek / Podkarpacie. TAL


Der Tagesspiegel berichtete am 1.02.2021 über ein Verfahren, dass zur Zeit gegen zwei HistorikerInnen vor einem polnischen Gericht läuft. Barabara Engelking und Jan Grabowski haben 2018 das Buch Dalej jest noc (Noch immer ist Nacht) zur Verfolgung polnischer Juden veröffentlich. Darin beschrieben sie auch den Fall der Estera geb. Siemiatycka, die später als Maria Wiltgren in den USA lebte. Sie bat 1942 den Dorfschulzen von Malinowo, Edward Malinowski, um Hilfe, um der Verfolgung durch die Deutschen zu entkommen. Er half ihr und verlangte dafür Geld und ihren Besitz. 1950 wurde er wegen Kollaboration vor Gericht gestellt, dann aber wegen der für ihn positiven Aussage von Estera Siemiatycka freigesprochen.

1996 berichtete sie der Shoah Foundation, dass sie damals vor Gericht eine deutlich geschönte Aussage gemacht hätte. Auf diesen Bericht bezog sich jetzt Engelking in ihrem Buch.
Die aktuelle Klage gegen die HistorikerInnen wird jetzt von der über 80jährigen Nichte des Dorfvorstehers Malinowski angestrengt, weil sie
sich in ihrer Erinnerung an den verstorbenen Onkel diffamiert fühle. Sie fordert deshalb eine öffentliche Entschuldigung und 22000 € Entschädigung.
Laut Gazeta Wyborcza wird die Klägerin dabei von der PiS-nahen Stiftung Reduta. Festung des gutes Namens – Liga gegen Verleumdung unterstützt.

2018 hatte bereits ein von der PiS-Regierung formuliertes Gesetz Geld- und Haftstrafen für den Fall vorgesehen, in dem dem polnischen Staat oder polnischen Volk Naziverbrechen zugeschrieben werden sollten. Dieses Gesetz hatte die Beziehungen zwischen Israel, den USA und Polen erheblich belastet, bis es dann entschärft wurde.

Wie weit jetzt hinter dieser Klage die politische Absicht steckt, die historische Sichtweise der PiS juristisch zu stärken, läßt sich nur vermuten.
Das Polizeiverhör einer polnischen Journalistin bestärkt diese Vermutung.
Die Journalistin beschäftigt sich ebenfalls mit dem Verhältnis zwischen polnischen Christen und Juden im von Deutschen besetzten Polen.
Haaretz berichtet aktuell.

Heute hat das Gericht entschieden, dass der Klägerin eine Entschuldigung zustände, aber gleichzeitig Ihren Entschädigungsanspruch abgewiesen.
Haaretz berichtet gleichermaßen von dem Urteil.
Ob es bei diesem Urteil in dem politisch dominierten polnischen Justiz-system Duck auf die Richterin gegeben hat, läßt sich ebenfalls nur mutmaßen.
Auch der tatsächliche Ablauf des damaligen Geschehens läßt sich jetzt nach fast drei Generationen kaum mehr eindeutig aufhellen. So gab die Klägerin, wie auch Gazeta Wyborcza berichtete, an, dass bei der geschilderten Kollaboration, dem Verrat von Juden an die deutsche Besatzungsmacht, mehrere Malinowskis beteiligt gewesen sein sollen.
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