Halberstadt, einst eine angesehene jüdische Gemeinde

Halberstadt, in ottonischer Zeit ein Bistum an der östlichen Grenze des Heiligen Römischen Reiches gelegen, befand sich häufig in Konkurrenz zum nahen Magdeburg. Das lässt sich auch am Dombau beider Städte beobachten und an ihrer Lage an wichtigen Handelswegen. Weiteren Aufschwung erfuhr Halberstadt, als sich bereits im 12. Jahrhundert die ersten jüdischen Familien dort ansiedelten.
Nach Pogromen und mehrfachen Vertreibungen konnten schließlich 1671 wieder Juden ins Kurfürstentum Brandenburg einwandern. Der Große Kurfürst hatte ein entsprechendes Edikt erlassen. Fünfzig Familien, von Kaiser Leopold I. aus Österreich vertrieben, siedelten sich in Berlin, aber auch in Halberstadt an. Dabei sind für diese Stadt vor allem die Namen dreier Persönlichkeiten zu nennen, die auch eine besondere Beziehung zu Berlin entwickelten.

Berend Lehmanns Haus in der Judengasse, rekonstruierter Eingang. TAL


An erster Stelle steht der Bankier und Hofjude Berend Lehmann, der besonders dem sächsischen Kurfürsten, August dem Starken, nahestand. Er verhalf ihm durch finanzielle Unterstützung und intensive Vermittlung zur polnischen Königskrone. In Halberstadt sorgte er für das Aufblühen der dortigen Gemeinde, ließ ihr eine berühmte Barocksynagoge bauen und ein Lehrhaus, das er mit Vermächtnissen für drei jüdische Gelehrte ausstattete. In Berlin mit seiner noch wenig bedeutenden Gemeinde initiierte er den Bau der Synagoge in der Heidereutergasse und finanzierte sie auch.


Aron Hirsch gründete Anfang des 19. Jahrhundert einen Kleinhandel mit Metallabfällen. Mit den dabei erworbenen Kenntnissen stieg er bald in die Metallverarbeitung und in den Großhandel mit Metallen ein. Die Söhne übernahmen die Firma und ihre Nachkommen erweiterten sie schließlich in der nächsten Generation zu einem weltumspannenden Metallkonzern, der seinen Sitz nach Berlin verlagerte.

Max Sinasohn , Adass Jisroel – Jerusalem 1966 , Rabbiner Dr. Esriel Hildesheimer – Fotograf unbekannt

Esriel Hildesheimer war mit Henriette Hirsch aus der o.g. Familie verheiratet. Nach einer umfassenden Ausbildung zum Rabbiner trat er seine erste Stelle in Eisenstadt an. Später wurde er an die gerade gegründete neo-orthodoxe Synagogengemeinde Adass Jsroel in Berlin berufen. Hier war er maßgeblich am Gemeindeaufbau beteiligt und gründete bald das Rabbinerseminar in der Artilleriestraße. Diese Ausbildungsstätte für orthodoxe Rabbiner war untrennbar mit seinem Namen verbunden. Da er Zeit seines Lebens von der Familie Hirsch großzügig unterstützt wurde, konnte er in all seinen Funktionen auf ein Gehalt verzichten und auch noch für andere Menschen sorgen.

Im April 1942 mussten sich die letzten Halberstädter Juden, die noch nicht geflohen waren, auf dem Domplatz zu ihrer Deportation versammeln. Damit war eine bekannte und geachtete jüdische Gemeinde erloschen.
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