Lange hat es gedauert, bis sich jetzt das Bundesinnenministerium der Menschenfeindlichkeit gegenüber Muslimen angenommen hat. Der Anschlag von Hanau war dann aber auch nicht mehr in seiner Bedeutung zu ignorieren. Eigentlich wäre dieser Schritt spätestens während der Ermittlung gegen den „NSU“ fällig gewesen.
So ist jetzt der „Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“ (UEM) berufen worden. Ihm gehören sechs WissenschaftlerInnen und sechs VertreterInnen von Nichtregierungsorganisationen an, die auf diesen Feld arbeiten. Sie stehen vor der Situation, dass rund die Hälfte der deutschen Bevölkerung den Islam als bedrohlich wahrnimmt. Das hat eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung 2019 ergeben. Diese Bedrohung wird eher von Älteren als von Jüngeren empfunden und mehr im Osten Deutschlands als im Westen. Dabei wird der Islam weniger als Religion als als politische Überzeugung betrachtet. Die Ablehnung ihm gegenüber reicht von Skepsis bis zu Feindschaft.
Oft wird in diesem Zusammenhang am Tragen des Kopftuches Anstoß genommen. Es wird generell als Zeichen patriarchalischer Unterdrückung verstanden, wohingegen ein Reihe von Musliminnen es als Zeichen der Selbstbestimmung ansehen.
Der Expertenkreis hat da sicher noch eine umfangreiche Arbeit vor sich, das unterschiedliche Verhalten bei und gegenüber Muslimen zu analysieren und zu definieren. Die Ergebnisse sollen in zwei Jahren vorliegen, wir dürfen gespannt sein. Der Bundesinnenminister wird dann aber mit großer Sicherheit nicht mehr Horst Seehofer heißen.
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Wie weit Muslimfeindlichkeit gehen kann, hat der Islam-Experte der Deutschen Welle, Loay Mudhoon in einem Gespräch mit Christiane Florin am 16.12.2019 im Deutschlandfunk dargelegt. In China, Indien und Myanmar werden Muslime als Staatsfeinde betrachtet.