Ein verwunderter Zeitungsleser

Gerade teilt die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt mit, dass der aus dem heutigen Tansania stammende Autor und Dozent Mtoro bin Mwenyi Bakari (um 1869–1927) mit einer Berliner Gedenktafel geehrt worden ist. Nach seinen Erfahrungen in der Kolonie Deutsch-Ostafrika setzte er sich auch nachdrücklich mit dem Rassismus im Deutschen Reich auseinander.

Joe Chialo, Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. TAL

Ein Tag vorher äußerte sich der Kultursenator Joe Chialo im Gespräch mit dem Tagesspiegel zu der lückenhaften Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus. Das Konzept dazu hat er gerade jetzt zusammen mit der Staatsministerin für Kultur, Claudia Roth, auf einer Tagung im Haus der Kulturen der Welt vorgestellt.

Als Grund für die deutsche Kolonialpolitik nennt Chialo die damalige strategische und wirtschaftliche Konkurrenz zu den anderen europäischen Staaten. Auch jetzt bestünden immer noch deutliche wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen Europa und Afrika. Die heutige afrikanische Bevölkerung sei nicht mehr gewillt, diese Spätfolgen des Kolonialismus hinzunehmen. Daraus ergibt sich auch ein unterschiedliches Geschichtsverständnis. So schauen nach Chialo viele Menschen aus dem afrikanischen und arabischen Raum anders auf die israelisch-palästinensische Geschichte und den Nahost-Konflikt, als wir das traditionell in Deutschland tun.

Als Beispiel für die menschenverachtende deutsche Kolonialpolitik führt Chialo die gegen alle historischen und ethnischen Gegebenheiten erfolgte Grenzziehung in Tansania an. Weiter erinnerte er an die Hunderttausende an Opfern im Maji-Maji-Aufstand, der von deutschen Kolonialtruppen niedergeschlagen worden ist.

Auf die Frage, wie man denn die Dekolonisierung angehen sollte, empfahl Chialo einen veränderten Umgang mit der Sprache und eine Veränderung im Bewusstsein.

Zur Zeit stellt der Tagesspiegel in einer Artikelreihe die 100 wichtigsten Köpfe der Berliner Kultur vor.
So konnte man in der Ausgabe vom 17.04.2024 Folgendes über Bonaventure Soh Bejeng Ndikung lesen:

Aus dem Tagesspiegel vom 17. April 2024, Seite B 18 / 19. TAL

Der verwunderte Zeitungsleser hätte dabei gern erfahren, wer denn den Intendanten des Hauses der Kulturen der Welt beobachtet und warum eine im internationalen Kunstbetrieb geschätzte Persönlichkeit, die an der TU Berlin in Lebensmitteltechnologie promoviert wurde und in Montpellier Biophysik studiert hat, schillert.
Der In der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun geborene Bonaventure Soh Bejeng Ndikung lehrt außerdem an der Kunsthochschule Weißensee.

Wenn er wegen der größeren Freiheit in Brasilien dort die neue Aufgabe übernommen haben sollte, wäre das für Deutschland kein gutes Omen. Auch der besagte Artikel lässt einen sehr nachdenklich werden.
TOL