Auf dem Weg zum Deutsch-Polnischen Haus

Heute am 1. September, am Ort der ehemaligen Krolloper, und an dem Ort, an dem 1939 Adolf Hitler den Überfall auf Polen und damit auch den Beginn des Zweiten Weltkrieges verkündete. Hier fand heute eine Gedenkveranstaltung statt.

Ihren Charakter bestimmten ausgesuchte Musik des polnisch-jüdischen Komponisten Ignacy Waghalter, Gedichte von Anna Świrszczyńska, ein Interview von Krystina Zachwatowicz-Wajda und vor allem freundliche Bilder. Ebenso eine Schulklasse, die freundlich miteinander umgehenden Gäste und der ansprechende Ort.
Die Veranstaltung wurde von der Stabsstelle für das Deutsch-Polnische Haus, der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und dem Deutschen Polen-Institut getragen.

Agnieszka Wierzcholska und Robert Parzer von der Stabsstelle moderierten sie. Uwe Neumärker von der Stiftung für die ermordeten Juden Europas und Peter Oliver Loew vom Deutschen Polen-Institut begrüßten die Gäste.

Dann folgten Reden der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und der Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Sie gingen beide auf das große Leid ein, das der deutsche Angriffskrieg Polen gebracht hat. Ein Krieg, der von vornherein als Vernichtungskrieg angelegt war und Millionen polnischer Opfer zur Folge hatte. Die Rednerinnen spannten einen historischen Bogen vom Überfall der deutschen Wehrmacht am 1. September 1939 bis zum Warschauer Aufstand im August 1944.

Krystina Zachwatowicz-Wajda schildert in einem Video ihre Erinnerungen als Vierzehnjährige an den Warschauer Aufstand.

Nach Überlegungen zu aktuellen Entwicklungen von rechtsradikalen Gruppen und zunehmend autokratischen
Regierungen in Europa schließt sie hoffnungsvoll.

Bei Besuchen in Polen hatten beide Ministerinnen die Begegnung zu Zeitzeugen gesucht und ihren Wunsch nach Versöhnung ausgedrückt. Zumal beide Völker durch die enge Nachbarschaft und ihre jahrhundertlange gemeinsame Geschichte geradezu gezwungen sind, einen freundschaftlichen Umgang miteinander zu pflegen. Dafür gibt es positive, aber auch weniger positive Beispiele.

Der Polnische Botschafter Dariusz Pawlos vermittelte nach einem geschichtlichen Exkurs dann auch die deutlichen Forderungen nach Reparationen, die die derzeitige PIS-Regierung seit einiger Zeit und jetzt wieder vor den anstehenden Wahlen gegenüber Deutschland erhebt. Er bestand ebenfalls darauf, dass bereits in einem Jahr – noch vor dem Deutsch-Polnischen Haus – ein Denkmal für die polnischer Opfer des Zweiten Weltkrieges errichtet werden soll. Die Rede des polnischen Botschafters fand nicht bei allen polnischen Gästen Zustimmung und sie zögerten nicht, ihre Kritik gegenüber dem Botschafter zu äußern.

Bedenklich wird es, wenn die offizielle Politik dann auch die Haltung der Bevölkerung auf beiden Seiten der Oder beeinflusst. Das aktuelle Deutsch-Polnische Barometer bildet eher eine Verschlechterung des beiderseitigen Verhältnis ab. Das kann in ländlichen Gegenden Polens soweit führen, dass der deutsche Besucher gefragt wird, warum die Deutschen die Polen so hassen. Die Information wird dort weitgehend durch regierungsnahe TV-Sender und Printmedien bestimmt.
Kornelia Konczal und Stephan Lehnstaedt nehmen am selben Tag im Tagesspiegel ein konträre Position zu den Ausführungen des polnischen Botschafters ein und betonen die Vorrangigkeit einer Begegnungs- und Informationseinrichtung. Das Erbe des Eisernen Vorhangs und die Sprachbarriere verhindern sonst weiterhin, dass Polen in Deutschland umfassend wahrgenommen wird. Das zu ändern, benötigt es vielfältige Bemühungen und Projekte. Wie schwierig das sein kann, ist beim Deutsch-Polnischen Schulbuch zu beobachten. Es hat bis heute keine offizielle Zulassung in Polen erhalten und wird auch in der Bundesrepublik wenig benutzt.

Davon abgesehen ist den Veranstaltern ein Abend gelungen, der den BesucherInnen im Gedächtnis bleiben wird. Sie werden mit Interesse den weiteren Fortgang bei der Errichtung des Deutsch-Polnischen Hauses verfolgen, auch am Ort der ehemaligen Krolloper mit ihrer verbrecherischen NS-Geschichte.
art-

Weitere Informationen zum Deutsch-Polnischen Haus.