Worin besteht jüdische Identität, fragt sich die französische Rabbinerin Delphine Horvilleur im Tagesspiegel vom 9.02.2020 und knüpft mit dieser Frage an ihren gerade erschienenen Essay „Überlegungen zur Frage des Antisemitismus“ an. Dabei verweist sie auf die Erfahrung von Amin Maalouf, einem frankolibanesischen Christen, der seine Identität als Summe vielfältiger Zugehörigkeiten begreift. Horvilleur findet in der jüdischen Diaspora Parallelen dazu, die zu einem inneren Dialog zwischen den „Unsrigen“ und „den anderen“ führen. Dieser Dialog ermöglicht schließlich eine eigene Authentizität. Satre setzt diese Authentizität in Beziehung zum antisemitischen Blick, dem Blick von außen und postuliert, dass der nicht-authentische Jude sich eben nicht von diesem Blick befreien könne. Damit stellt sich die Frage, wer dazu denn tatsächlich imstande sei. Dabei kann nach Beobachtung von Eva Illouz der Stolz als Ressource und Strategie helfen. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass der Stolz, um seine Wirkung zu entfalten, den Blick des anderen benötigt und sich damit wiederum in seine Abhängigkeit begibt. Horvilleur weist eine Definition ihres Judentums von außen für ihre eigene Person zurück, sieht sich aber zugleich außerstande, seinen eigentlichen Kern freizulegen. Daraus schließt sie, dass das „Unsagbare“ dafür die beste Definition sei. Zur Unterstützung führt sie Jacques Derrida mit seiner Feststellung an : „Nun, ich weiß, dass ich es nicht weiß, und ich verdächtige alle, die es zu wissen meinen, es nicht zu wissen…..“
Wer sich näher mit diesem Thema beschäftigen möchte, sei auf den bei Hanser, Berlin erschienenen Essay verwiesen.
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