Mit dem Alhambra-Edikt der Katholischen Könige von Kastilien und Aragon, Isabella und Ferdinand, endete nach dem Jahr 1492 auch das jüdische Leben in Sizilien. Die Juden hier hatten wie auch die sephardischen Juden Spaniens und Portugals nur die Möglichkeit, zwischen Flucht oder Konversion zu wählen.
Jetzt berichtet das Jewish News Syndicate über das erste Sukkot in Catania / Sizilien seit über 500 Jahren. Dort entstanden neue Gemeinden in Palermo und Catania. Die aktuell ungefähr fünfzig Juden auf Sizilien verstehen sich nicht als Konvertierte sondern als Zurückgekehrte, nachdem sie damals durch die Inquisition vertrieben worden sind. Die erste Sukka seit der Vertreibung der Juden stand jetzt im September 2023 neben einer Synagoge in Catania. Im September 2022 hatte der orthodoxe Rabbiner Shmuel Herzfeld aus Washington D.C. die Eröffnung der Synagoge auf dem Castell della Leucatia mit der Spende einer Thorarolle möglich gemacht. Leider hat die jüdische Gemeinde in Catania noch nicht ausreichend Mitglieder, um einen Minjan zu bilden – eine Gruppe von zehn Männern, die für den Gottesdienst notwendig sind.
Gleichzeitig besteht der Gemeinde eine rechtliche Auseinandersetzung mit der Union der jüdischen Gemeinde Italiens (UCEI) bevor. Die Union wirft ihr vor, sich ohne die Autorisierung von Rom gegründet zu haben und damit die örtlichen Autoritäten irrezuführen. Für den Kultus dort gäbe es keine rabbinische Autorisierung. Die Gemeinde hält diesem Vorwurf entgegen, dass sie nicht beabsichtigt der UCEI beizutreten und dass sie deshalb die rechtlichen Vorwürfe für irrelevant hält. Sie ist entschlossen, den Rechtsstreit auch bis zum italienischen Verfassungsgericht zu führen.
Der Vertreter der UCEI verweist dagegen auf das Beispiel der Gemeinde in Palermo, die sich ebenfalls überwiegend aus Konvertiten gegründet und die Anerkennung der UCEI erhalten hat. Aber andere Stimmen beschreiben die wenig hilfreiche Rolle der UCEI bei der Weiterentwicklung der Gemeinde in Palermo. So gibt es seit Jahren einen Stillstand bei der Umwandlung einer Kirche in eine Synagoge. Diese Kirche hat die Diözese Palermo der jüdische Gemeinde überlassen. Sie liegt im alten jüdischen Wohnviertel der Giudecca.
Dabei spielt das Judentum im südlichen Italien eine wichtige Rolle in der Entwicklung des europäischen Judentums. So gibt es Stimmen, die nach der Zerstörung des zweiten Tempels von der Ansiedlung von 8000 jüdischen Gefangenen in Süditalien ausgehen. Von dort aus hätten sich die Juden in Italien und ganz Europa ausgebreitet. Im Rheinland hätten sich die Aschkenasim auf Einladung Karls des Großen angesiedelt. Unter der muslimischen Herrschaft entwickelten sich die jüdischen Gemeinden in Sizilien weiter und blieben auch später unter den Normannenkönigen unbehelligt. Dabei kam es auch immer wieder zu Zuwanderungen aus Nordafrika, Frankreich und Deutschland. Erst nach dem Alhambra-Edikt änderte sich die Situation entscheidend.
Ungefähr ein Drittel der sizilianischen Juden floh nach Kalabrien oder weiter ins Osmanische Reich. Damals lebten zwischen 25 000 und 40 000 Juden auf der Insel. Die anderen zwei Drittel ließen sich taufen. Es gibt Schätzungen, dass ein Viertel der jetzigen Bevölkerung Siziliens Nachkommen dieser Juden sind.
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