Kein Platz im Zug – für Frauen!


Roni Caryn Rabin beschreibt in der NYT vom 12. August 2023, wie eine Israelin von Männern in Tel Aviv daran gehindert wurde, einen öffentlichen Zug zu besteigen. Sie verwiesen die Frau auf den nächsten Zug, dieser sei nur für Männer erlaubt. . . .

In Israel mehren sich die Zeichen für eine zunehmende Geschlechtertrennung, die vornehmlich durch ultraorthodoxe und rechtsradikale Kräfte betrieben wird. Dabei können sie auf die Unterstützung der zur Zeit rechtsradikal bestimmten Regierung rechnen. Rabin zählt dafür eine lange Reihe von Beispielen auf. Trotz einer gegenteiligen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes setzen sich ultraorthodoxe Frauen von vornherein hinten in den Bus. Busfahrer weigern sich, Frauen mitzunehmen, die ihrer Meinung nach nicht angemessen gekleidet seien. Ein Bus wird blockiert, weil er von einer Frau gefahren wird.
Aber auch in der Berufsausbildung, in der akademischen Ausbildung und am Arbeitsplatz nimmt die Geschlechtertrennung zu. Ebenso in Bibliotheken und beim Strandbesuch. Auch bei öffentlichen Veranstaltungen ist diese Trennung bereits zu beobachten – die Frauen sitzen hinten.
Es gibt Versuche, den orthodoxen Rabbinatsgerichten – zuständig für das Familienrecht der Juden – auch ein Mitspracherecht im allgemeinen Zivilrecht zu geben. So würden dann die rein männlich besetzten Gerichte auch an Verfahren bei wirtschaftlichen Aspekten von Scheidungen, bei Arbeits- und Vertragsstreitigkeiten beteiligt. Bis jetzt bestand die Möglichkeit für Frauen, sich bei Fragen der Gleichberechtigung auch an den Obersten Gerichtshof zu wenden. Ob diese Möglichkeit dann auch bei der augenblicklich in Angriff genommenen Justizreform bestehen bleibt, ist unsicher.

Bei einem Bericht über geschlechtsspezifische Unterschiede in 146 Ländern der Welt hat das Weltwirtschaftsforum Israel vom 60. Platz in 2022 jetzt auf den 83. Platz zurückgestuft. Beim Ranking zur politischen Stärkung der Frauen sogar vom 61. Platz auf den 96..
Eine Entwicklung, die nicht nur in Israel bei der überwiegend säkularen Bevölkerung auf Widerstand stößt. Auch in der Diaspora werden diese Veränderungen kritisch beobachtet. Alle, die die Bewahrung der Menschenrechte – die in der israelischen Unabhängigkeitserklärung festgehaltene Gleichberechtigung von Frauen und Männern gehört dazu – bei Israels gesellschaftlicher Weiterentwicklung für unabdingbar halten, schließen sich da an.

Inzwischen hat sich die israelische Regierung verpflichtet gefühlt, zu einzelnen Vorkommnissen Stellung zu nehmen und auf die Gesetzeslage zu verweisen. Haaretz berichtete darüber.
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