Auf den letzten Seiten des Sommerheftes von Lettre International (Heft 133) stellt sich Stephen Eric Bronner in der Korrespondenz aus New York folgendermaßen vor. . .deutscher Jude, nie Zionist, nie gescheut, israelische Politik zu kritisieren. . . .dabei tiefstes Mitgefühl für das palästinensische Volk, aber auch schärfster Kritiker ihrer Führung und deren politischen Entscheidungen.
Unter der Überschrift “Nero Komplex” verweist er auf den tunesisch-jüdischen Denker Albert Memmi und auf Israelis und Palästinenser in den Rollen von Kolonisator und Kolonisierten. Wobei die Letzteren sich gegen die Wohltaten der exportierten “Zivilisation” wehren. Ihrem Aufstand folgt Unterdrückung, und so setzt sich der Kreislauf der Gewalt in einer nicht enden wollenden Spirale fort. Mit der Erinnerung an Pogrome und Konzentrationslager sehen sich die Israelis selbst als Opfer und wollen nicht den Widerstand der Palästinenser gegen die vermeintlich modernen Errungenschaften der Siedler verstehen. Die Anwendung von militärischer Gewalt, von den USA finanziell unterstützt, hat Israel zur Hegemonialmacht der Region gemacht. In dieser widersprüchlichen Situation hofft die palästinensische Politik, dass die Weltgemeinschaft durch Druck auf die israelischen Politiker sie zu einer Änderung ihrer Grundhaltung bewegt. Dabei ignoriert die palästinensische Politik, dass sich Israel als historisches Opfer von globaler Gleichgültigkeit und Antisemitismus versteht. So kam es auch zu dem letzten Gewaltausbruch, bei dem die Hamas 4000 Raketen nach Israel schoss, die meisten vom “Iron Dome” abgefangen, die Israelis aber im Gazastreifen 700 Häuser zerstörten und die Wasserversorgung für 800 000 Menschen. Gleichzeitig wurden ein Dutzend Menschen in Israel getötet und mehrere Hundert in Gaza.
Daraufhin haben die Vereinten Nationen eine ständige Untersuchungskommission eingerichtet, die Verstöße von beiden Seiten gegen das Völkerrecht untersuchen soll.
Bronner überlegt, ob nicht eine Form von Wiedergutmachung den Weg zur Versöhnung darstellen könnte. Ein Gedanke, der sich auch in dem Buch “The Holocaust and the Nakba” von Bashir Bashir und Amos Goldberg findet.
Aktuell ist dazu auch erschienen: Muriel Asseburg: Palästina und die Palästinenser. Eine Geschichte von der Nakba bis zur Gegenwart. Verlag C.H. Beck, München 2021. Im Tagesspiegel vom 1.09.2021 Findet sich dazu eine Besprechung.
Es besteht nur eine geringe Hoffnung, dass sich israelische Araber und Palästinenser auf ein gemeinsames politisches Ziel einigen können. Bis dahin profitiert Israel von dem auf der Stelle tretenden “Friedensprozess”. In Palästina stehen sich weiterhin Hamas und Autonomiebehörde als zwei Souveräne im Kampf um die Macht gegenüber. Keiner kann für sich allein die palästinensische Nation vertreten, keiner ist bereit, die Macht zu teilen.
Wenn irgendwann ein ernsthafter Friedensschluss in Aussicht wäre, würden entweder zionistische oder palästinensische Extremisten ihn rechtzeitig torpedieren. Dabei droht im Hintergrund auf beiden Seiten weiterhin ein Bürgerkrieg.
. . . .Bronners Ratlosigkeit ist mehr als deutlich.
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Ein Gedanke zu „Ernüchternde Überlegungen“
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