Im Rahmen der Ausstellung über Ferdinand Sauerbruch „Auf Messers Schneide“ veranstaltet die Charité eine Vorlesungsreihe über Ärzte im Dritten Reich.
So zeichnete Prof. Hans-Peter Schmiedebach am 3.9.2019 ein scharf konturiertes Bild von dem Psychiater Maximinus de Crinis als Netzwerker des Todes. Seine wissenschaftliche Entwicklung war von der Pathologischen Anatomie und Physiologie des Gehirns bestimmt, Geisteskrankheiten waren demnach Gehirnerkrankungen. Auf Grund großer Fortschritte in den Naturwissenschaften gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Vorstellung, durch medizinische Eingriffe auch soziale Probleme der Gesellschaft lösen zu können. Dazu zählte man u.a. auch Alkoholismus, kognitive Einschränkungen, Verhaltensauffälligkeiten. Diesen Störungen unterstellte man Erblichkeit und wollte sie mit Mitteln der Rassenhygiene und der Eugenik beseitigen und so „den Volkskörper heilen“. Kriegsneurosen wurden als endokrinologische Störungen eingeordnet, die Epilepsie als überwiegend erblich betrachtet. Im Rahmen der NS-Gesundheitspolitik waren bei Epileptikern stationäre Therapieversuche vorgesehen. Blieben diese erfolglos, so waren die Patienten zu sterilisieren oder dann im Rahmen der „T4-Aktion“ „auszumerzen“, d.h. zu ermorden. Gleichzeitig entstand in dieser Zeit eine große Nähe zwischen Wissenschaft und Politik. Diese beiden Felder tauschten die Ressourcen Macht und Geld untereinander aus und legitimierten ihr Handeln gegenseitig.
De Crinis, 1889 in der Steiermark geboren, wandte sich schon als Student einer rassistischen und antisemitischen Denkweise zu, trat 1931 in die NSDAP ein und 1936 in die SS. 1934 erhielt er den Lehrstuhl für Psychatrie und Neurologie in Köln, 1938 trat er die Nachfolge von Karl Bohoeffer an der Charité an. Seine Kompetenz in der Klinischen Psychiatrie wurde immer wieder in Frage gestellt, die Berufung erfolgte dann letztendlich auf politischen Druck der NS-Machthaber.
Von dieser Position aus erweiterte er seine Machtstellung nach allen Seiten. Er wurde Mitglied im Kuratorium des Kaiser-Wilhelm-Institutes für Hirnforschung, arbeitete dabei mit Hallervorden, Spatz und Heinze ( Görden /Brandenburg) im Rahmen der Euthanasie (T4 – Aktion zur Ermordung von Geisteskranken) zusammen. Gleichzeitig befand er sich auch zum selben Thema in einer Planungsgruppe von Hitlers Begleitarzt Brandt.
Bereits 1937 fungierte er als beratender Psychiater in einem Wehrkreis. 1944 schließlich war er der oberste beratende Heerespsychiater. Als solcher veranlasste er Menschenversuche an KZ-Häftlingen in Buchenwald, um die Frage von Hirnkomplikationen bei Fleckfiebererkrankungen zu klären.
Seit 1940 war er außerdem Referent für Wissenschaftsfragen im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Damit gingen alle Berufungen von Hochschullehrern im Reich über seinen Tisch. Daneben pflegte er zu Schellenberg, dem Leiter des Sicherheitsdienstes (SD) der SS und zu Heydrich, dem Leiter des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA).
Bei Kriegsende war ihm bewußt, dass er von den Allierten für seine Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden würde. Er beging deshalb am 2.Mai 1945 zusammen mit seiner Frau bei Stahnsdorf am Rande von Berlin Selbstmord.
Die Vorlesungsreihe wird fortgesetzt.
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