Wenn Kunstschaffende und entsprechende Institutionen an das Grundgesetz, in diesem Fall an den Paragraphen 5.3, erinnern und auf die Folgen einer umstrittenen Bundestagsresolution zur Initiative BDS (Boycott, Divestment, Sanctions) hinweisen, gibt es in der deutschen Öffentlichkeit und den Medien bemerkenswerte Reaktionen. Die bekannte israelische Zeitung Haaretz titelt dazu „In Germany, a Witch Hunt Is Raging Against Critics of Israel. Cultural Leaders Have Had Enough“. Schon der Aufruf von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern, BDS nicht von vornherein als antisemitisch abzuurteilen, sondern sich differenzierter mit dem Thema auseinanderzusetzen, verhallte ungehört. Inzwischen wird man nachdenklich und stellt fest, dass Peter Schäfer unter fragwürdigen Umständen die Leitung des Jüdischen Museums Berlin aufgeben mußte, die Intendantin der Ruhrtriennale Stefanie Carp massiv angegriffen wurde und einer Veranstaltung israelischer StudentInnen der Kunsthochschule Weißensee Räume und Gelder gestrichen wurden. In allen diesen Fällen taucht dann, unterschiedlich vage, der Vorwurf der Nähe zu BDS auf. Schon die sehr vorsichtigen ersten Verlautbarungen der neuen Direktorin des Jüdischen Museums Berlin, Hetty Berg, lassen erkennen, wie vermint sich heute auch im kulturellen Bereich das Spannungsfeld zwischen deutscher Politik, dem Nahost-Konflikt und dem Begriff des Antisemitismus darstellt. Die Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel weicht möglichen Unterstellungen aus, in dem sie kritische Stellungnahmen zur israelischen Politik den israelischen Bürgern Shimon Stein und Moshe Zimmermann überläßt. Ebenso sollte der Hinweis von Susan Neiman, der Direktorin des Einstein Forum, nachdenklich machen, dass sich unter den zur Zeit in Deutschland herrschenden Umständen weder Albert Einstein noch Hannah Arendt hätten frei äußern können.
Wenn man verfolgt, wie in Haaretz die brennenden Themen der israelischen Innenpolitik – Gaza und Westjordanland gehören wie selbstverständlich mittlerweile dazu – sehr strittig abgehandelt werden, gleichgültig, ob es sich um den Vorwurf der Apartheid, um arabische Israelis als Bürger zweiter Klasse oder die Landnahme israelischer Siedler handelt, dann stellt man fest, wie eingeengt dazu Berichterstattung und Diskussion in Deutschland stattfinden. Da kann die inhaltlich wenig bedeutsame Stellungnahme von Frau Motschmann im Bundestag nicht das letzte Wort gewesen sein.
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